EZB: Zinssenkung um 25 Basispunkte wird „ganz klar erwartet”

Shaan Raithatha
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Shaan Raithatha

„Die EZB wird die Zinssätze auf ihrer Januar-Sitzung um weitere 25 Basispunkte senken.“ Zu diesem Schluss kommt Shaan Raithatah, Senior Economist der Vanguard Investment Strategy Group. Welches die Hauptrisiken sind.

Seit der letzten Sitzung hätten sowohl die Konjunktur- als auch die Inflationsdaten im Großen und Ganzen den Prognosen der Europäischen Zentralbank (EZB) entsprochen. „Wir gehen daher weiterhin davon aus, dass der Leitzins bei einem unter dem Trend liegenden Wachstum unter den neutralen Wert von 1,75 Prozent bis 2025 sinken wird. Zu den Hauptrisiken zählen höhere Zölle und Energiepreise sowie die Wahlen in Deutschland im nächsten Monat“, so Raithatah.

Die Konjunkturdaten für den Euroraum seien seit der letzten Sitzung des EZB-Rats im Dezember gemischt ausgefallen. Während das Bruttosozialprodukt (BIP) für das vierte Quartal vor allem in Deutschland negativ überrascht hätte und wahrscheinlich stagnieren werde. Raithatah sieht aber auch positive Aspekte: „Erste Signale deuten darauf hin, dass die Zusammensetzung des BIP etwas gesünder aussieht und die Binnennachfrage anzieht. Außerdem haben sich die Einkaufsmanagerindizes etwas erholt, was auf einen besseren Start in das Jahr 2025 hindeutet.“ Die Arbeitslosigkeit sei mit 6,3 Prozent nach wie vor niedrig, aber zukunftsgerichtete Indikatoren wie die Umfragen der Europäischen Kommission und die PMI würden auf eine künftige Schwäche hindeuten. Insgesamt würden die Wachstumsdaten weitgehend mit den der von EZB-Experten im Dezember erstellten Projektionen überein.


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„Was die Inflation anbelangt, so bleibt die jährliche Dienstleistungsinflation frustrierenderweise bei vier Prozent hängen,“ erklärt er. „Diese Starrheit scheint jedoch auf drei Sektoren zurückzuführen zu sein: Versicherungen, Verkehr und Tourismus, die alle ihre eigenen Besonderheiten haben.“ Ohne diese Branchen läge die Dienstleistungsinflation näher bei zwei Prozent. Für die nächsten Monate zeigt er sich optimistisch: „Wir sind der festen Überzeugung, dass diese Triebkräfte in den kommenden Quartalen abnehmen werden. Die Preise für Verkehr und Tourismus sind eng an die Ölpreise gekoppelt und Basiseffekte lassen vermuten, dass diese Inflationsraten auch nach dem jüngsten Ölpreisanstieg bald zurückgehen werden. In der Zwischenzeit sind die Versicherungspreise (vor allem Kfz- und Hausratversicherungen) ein nachlaufender Indikator und dürften ebenfalls zurückgehen, insbesondere angesichts des starken Rückgangs der Wareninflation. Allgemein wird erwartet, dass sich das Lohnwachstum aufgrund der Abkühlung am Arbeitsmarkt abschwächen wird – eine Einschätzung, die mit den von der EZB verfolgten Lohnprognosen übereinstimmt.“

Angesichts dieser relativ günstigen Inflationsaussichten und des gedämpften Wachstums gehen die Experten von Vanguard davon aus, dass der EZB-Rat die Zinssätze weiterhin kontinuierlich senken wird, sodass sie im Sommer 1,75 Prozent erreichen. „Zu den Hauptrisiken für diese Einschätzung gehören ein weiterer Anstieg der Energiepreise und eine handelspolitische Überraschung”, resümiert Raithatah. „Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die europäische Autoindustrie ins Visier genommen wird. Auch die Bundestagswahl am 23. Februar könnte die mittelfristigen Aussichten beeinflussen.“ Mit 33,2 Milliarden US-Dollar wiesen europäische ETFs im Dezember die höchsten Mittelzuflüsse des Jahres aus.

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