EZB: Zu früh für Entwarnung

Foto: Merck Finck
Robert Greil, Merck Finck

Wie weithin erwartet, hat die EZB heute – wie auch gestern schon die US-Notenbank – eine weitere Anhebung ihrer Leitzinsen um 25 Basispunkte beschlossen. Die eigentliche Frage, wie es im Herbst weitergehen könnte – noch mehr Zinsschritte oder eine Pause – blieb jedoch weitgehend unbeantwortet. „Datenabhängig“ lautet hier nach wie vor die Ansage der EZB über ihren weiteren Pfad.

Damit liegt das Augenmerk nun erst einmal auf den Inflationszahlen für den Monat Juli, die für Deutschland bereits morgen und für den Euroraum am kommenden Montag veröffentlicht werden.

Wir rechnen mit Blick auf die wohl vorerst weiterhin recht hartnäckig hohe Kerninflation im September und wahrscheinlich auch im Oktober noch mit zwei weiteren Leitzins­anhebungen für den Euroraum, womit der Hauptrefinanzierungssatz auf 4,75 Prozent steigen würde. Zur Inflationsbekämpfung erscheinen diese weiteren Zinsanhebungen aus unserer Sicht nötig, auch wenn die jüngsten Frühindikatoren gerade auf Unternehmensseite (Einkaufsmanagerindizes, Ifo-Geschäftsklima etc.) zunehmende 
Rezessionsgefahren avisieren. Wir gehen also davon aus, dass die EZB erst nach zwei weiteren Zinsschritten im Herbst „pausiert“, sprich erst dann keine weiteren Leitzinsanhebungen mehr beschließt.

Während aus unserer Sicht das größte Risiko für ein Ende des gegenwärtigen Erhöhungszyklus ein überraschender Anstieg der Energiepreise ist, wird der Markt wohl gegen Jahresende angesichts der dann voraussichtlich noch spürbarer gebremsten wirtschaftlichen Aktivität zunehmend über das Timing der ersten Leitzinssenkung spekulieren, mit der wir aus heutiger Sicht ab dem zweiten Quartal 2024 rechnen.

Autor Robert Greil, CFA, ist Chefstratege Merck Finck I A Quintet Private Bank.

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