Die gesetzlichen Vorgaben scheinen einfach: ESG-Kriterien sollen weithin Einzug halten in die Bewertung von Geldanlagen, bei der zusätzlich zu den Faktoren Risiko, Rendite oder Liquidität auch die Bewertung der Nachhaltigkeit einer Anlage kommt. Hier aber ist die Datenlage uneinheitlich: „Noch vor einigen Jahren war es schwierig, überhaupt Daten zu finden“, sagt Sascha Werner, Portfoliomanager bei Moventum AM. „Heute gibt es eine Vielzahl von ESG-Ratings, die allerdings zu sehr unterschiedlichen Einschätzungen kommen.“
Eine Aktie, mehrere Bewertungen
Das führt dazu, dass eine Aktie wie etwa die des Autobauers Tesla mehrere Bewertungen erhält, die durchaus deutlich voneinander abweichen können. „Hier ist es eine Frage der Systematik: Wird das Unternehmen als Ganzes bewertet oder werden etwa die Folgewirkungen der Produkte mit in die Bewertung einbezogen“, sagt Werner. Ein Autobauer schneidet dabei eher schlechter ab, auch oder gerade, wenn er Batterien in großem Stil verwendet. „Werden aber die in diesem Fall positiven Folgewirkungen der Elektroautos durch CO2-Vermeidung mit einkalkuliert, steigt das Rating.“
Ein Rating sollte Ausschlag geben
Solche unterschiedlichen Sichtweisen gibt es einige. „Für Fondsaufleger ist es entscheidend, sich an ein Rating zu halten und nicht zwischen den Ratings zu wechseln“, sagt Werner. Dann ist eine klare Zuordnung möglich. Komplizierter wird es für Portfolios, in denen Fonds unterschiedlicher Anbieter verwendet werden. „Hier gilt es, ein einheitliches Konzept zu entwickeln und Lösungen zu finden, da unterschiedliche Ratinganbieter kaum vergleichbar sind“, so Werner. Aus diesem Grund ist es für die Aufleger solcher Portfolios oder Funds of Funds wichtig, sich die Ratings sehr genau anzuschauen und dann ihre unterschiedliche Ausrichtung zu berücksichtigen.
Marktbereinigung in Sicht
„Wir sehen bereits heute eine Marktbereinigung bei den Anbietern von ESG-Ratings“, sagt Werner. Es ist also möglich, dass sich in einiger Zeit ein Marktstandard herausbildet. „Wahrscheinlicher aber ist, dass sich einige Anbieter am Markt halten werden, wie das auch bei den klassischen Ratingagenturen der Fall ist.“ In diesem Fall wird es notwendig sein, die Fakten und ihre Interpretation zu kennen. Dann lassen sich die Ratings nach einer eigenen Systematik in die eigene Anlageentscheidung mit einbeziehen. „So zeigt sich wie im ‚wahren Leben‘ und bei Wahlen auch bei ESG-Ratings, dass es gut ist, zunächst die Daten abzuwarten und dann erst seine Schlüsse zu ziehen“, sagt Werner.