In den letzten Jahren haben sich die Anbieter von Berufsunfähigkeitsversicherungen viele Gedanken über die Ursachen für die geringe Marktdurchdringung gemacht. Zu ihnen gehört Michael Stille, Vorstandschef der Dialog Lebensversicherung. Für ihn sind im Wesentlichen drei Gründe maßgeblich: „Der erste Grund ist ein psychologischer: Das unangenehme Thema wird gern verdrängt, so dass es zu keiner vertraglich geregelten Absicherung kommt.“
Der zweite Grund ist laut Stille fehlende Information: „Versicherungswirtschaft, Verbraucherschützer und staatliche Institutionen müssen erheblich mehr tun, um das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Absicherung in der Bevölkerung zu schärfen.“ Der dritte Grund sei ein finanzieller: „Die Liquidität vieler Erwerbstätiger reicht nicht aus, um die relativ teure Berufsunfähigkeitsversicherung bezahlen zu können. Dies gilt vor allem für junge Leute, die diesen Schutz mangels größerer finanzieller Reserven besonders benötigen.“
Viele hoffen auf den Staat
Einen weiteren Grund hat Bernhard Rapp ausgemacht, Direktor Marketing und Produktmanagement und stellvertretender Niederlassungsleiter Canada Life Deutschland: die falsche Gewichtung von Risiken. „Die Menschen halten spektakuläre Ereignisse wie Terroranschläge, Gewaltverbrechen oder Flugzeugabstürze für wahrscheinlicher als etwa schwere Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt.“ Den Menschen fehle die konkrete Vorstellung, wie ihr eigenes Leben dann weitergehen würde. „Viele hoffen auch, dass der Staat hier ausreichend weiterhelfen würde. Doch damit kann man nur noch in Fällen schwerster Beeinträchtigungen rechnen“, warnt er. (kb)
Foto: Canada Life