Der 12. Mai ist Internationaler Tag der Pflegenden. Er würdigt diejenigen, die kranken und alten Menschen helfen. Daran anknüpfend liefert die „HanseMerkur Pflegestudie 2022“ neue Erkenntnisse dazu, wie gut die Menschen über das Thema Pflege und ihre Auswirkungen informiert sind; wie belastend pflegende Familienangehörige ihre Situation wahrnehmen und was die Menschen sich für die eigene Pflege wünschen.
Dazu hat das Kölner Marktforschungsinstitut Heute und Morgen im Auftrag der Hamburger Versicherungsgruppe rund 3.000 Personen zwischen 18 und 75 Jahren Ende Dezember und Januar befragt. Die Studie wurde im Detail bis April 2022 ausgewertet.
Studie ein Weckruf
Die Studie ist ein Weckruf. Trotz vieler Reformen in der Pflege und den damit verbundenen Diskussionen seinen die Deutschen über die Risiken, Kosten und Leistungen unzureichend informiert und fühlen sich bei der Umsetzung nicht gut unterstützt, lautet eine Erkenntnis.
Dabei sei die Bereitschaft in Zukunft zu pflegen überraschend hoch. Die meisten würden dafür sogar auf Arbeitszeit, Job und Karriere verzichten. Was positiv aus Sicht der pflegebedürftigen Angehörigen ist, wirft aber ein großes Problem für den Arbeitsmarkt und somit für Unternehmen auf. Hier trifft Angehörigenpflege auf einen bereits vorhandenen Fachkräftemangel, so die Studienautoren.
„Vier von fünf Frauen und zwei von drei Männern werden rein rechnerisch pflegebedürftig, damit ist das Thema irgendwann in jeder Familie präsent“, sagt Marko Böttger, Abteilungsleiter Kooperationen betriebliche Pflegezusatzversicherung der Hanse Merkur. Circa ein Drittel der Befragten haben bereits selbst gepflegt und 76 Prozent sind im persönlichen Umfeld mit Pflege in Berührung gekommen.
Und obwohl die meisten Deutschen vermuten, dass die gesetzliche Pflegeversicherung nicht ausreicht, um die Kosten in der Pflege zu decken, haben sich mehr als die Hälfte noch nicht über die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung informiert. 36 Prozent haben keine Vorstellung davon, wie hoch die Kosten in der Pflege liegen. So werden etwa die Kosten für Pflege im Pflegeheim massiv unterschätzt: Der Schätzung von durchschnittlich 1.000 Euro pro Monat stehen tatsächliche 2.248 Euro pro Monat entgegen (PKV-Verband, April 2022).
Berufliche Einschränkung durch Pflege
Knapp ein Drittel der Umfrageteilnehmer hat bereits aktiv gepflegt. Sie geben zum größten Teil an, trotz der Belastung weitergearbeitet zu haben. Psychische Probleme, Stress und körperliche Beschwerden hatte dies bei fast jedem Zweiten zur Folge.
Unter denen, die noch keine Pflegerfahrungen haben, lehnt nur ein kleiner Teil (13 Prozent) die Pflege einer nahestehenden Person ab. Erstaunlich hoch (73 Prozent) ist dabei die Bereitschaft, die Berufstätigkeit zu reduzieren oder sich eine Auszeit zu nehmen. Diese Aussagen haben hohe Brisanz, weil sie direkten Einfluss auf die Arbeitswelt haben. „Für viele Unternehmen ist es bereits heute die größte Herausforderung, genügend Fachkräftezu gewinnen. Wenn sie dann noch wichtige Mitarbeiter an die Angehörigenpflege verlieren, verschärft dies den Fachkräftemangel gravierend“, beschreibt Böttger die Situation.
Arbeitgeber sollten alarmiert sein und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch in der Pflege deutlich größere Aufmerksamkeit schenken. Doch die Situation in Deutschland sei eine andere. Nur in jedem vierten Unternehmen gibt es Angebote für pflegende Mitarbeiter und fast die Hälfte der Berufstätigen weiß nicht einmal, an welchen Ansprechpartner im Unternehmen sie sich wenden sollten.
Unternehmensvorteil Pflegeunterstützung
„Die Unterstützung der Angehörigenpflege und die Absicherung des eigenen Pflegerisikos wird in Zukunft ein Wettbewerbsvorteil für Unternehmen sein“, ist sich Böttger sicher. Im Kampf um die besten Mitarbeiter spielen solche weichen Faktoren neben dem Gehalt eine wichtige Rolle. 93 Prozent würden eine betriebliche Pflegevorsorge ihres Abreitsgebers für die Belegschaft begrüßen.
Die eigene Absicherung ist auch wichtig für die Umsetzung der eigenen Pflegewünsche. Mehr als die Hälfte der Befragten möchte nämlich nicht von der Familie, sondern am liebsten von professionellen Pflegediensten gepflegt werden. Dafür benötigt der Pflegebedürftige finanzielle Mittel, schließlich will er seiner Familie auch nicht finanziell zur Last fallen.