Francis Scotland, Director of Global Macro Research bei Brandywine Global, Teil von Franklin Templeton: „Dass die Inflation sinken wird, ist wohl nicht mehr umstritten. Die entscheidende Frage lautet: Geht sie auf 2 % zurück, oder werden wir 3 % bis 4 % erreichen und dann eine Abflachung beobachten? Meiner Meinung nach wird die Inflation auf 2 % oder vielleicht sogar darunter sinken. Unsere Sichtweise beruht auf der Annahme, dass es sich bei der aktuellen Situation nicht um einen normalen Konjunkturzyklus handelt. Wir erleben die Normalisierung der Wirtschaft im Nachgang einer Katastrophe, die durch die Pandemie, die Lockdowns und die verschiedenen Reaktionen auf beide Entwicklungen ausgelöst wurde.
Ein interessanter Punkt bezüglich der im Dezember abgehaltenen Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC): Sämtliche FOMC-Mitglieder waren der Meinung, dass die Zinsen in diesem Jahr weiter steigen müssen, obwohl die Inflationsrate, die ich gerade erwähnt habe, in der gesamten zweiten Hälfte des Jahres 2022 zurückgegangen ist. Die Fed hat also fast auf dem Höhepunkt des Preisinflationszyklus Mitte letzten Jahres ihre Meinung zur Inflation von „vorübergehend“ zu „strukturell“ geändert. Nun konzentriert sie sich darauf, wie die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt und die hartnäckige Lohninflation die Preisinflation im Dienstleistungssektor anheizen könnten. Die Zinsstrukturkurve zeigt uns jedoch, dass der Markt der Ansicht ist, dass sie im letzten Jahr bei dem panischen Versuch, ihren Fehler zu korrigieren und der Inflation zuvorzukommen, über das Gleichgewichtsniveau hinausgeschossen ist. Die Zinsstrukturkurve ist invertiert. Und das schon seit längerer Zeit. Selbst in der eigenen Zusammenfassung der Wirtschaftsprognosen der Fed wird für das Gleichgewichtsszenario ein Leitzins von 2,5 % angesetzt.
Der Markt sagt also, dass die Zentralbank übers Ziel hinausschießt. Die Bedingungen sind sehr restriktiv. Das betrifft nicht nur die Zinsstrukturkurve. Betrachtet man die Geldmenge, so ist M2 nominal so stark geschrumpft wie nie zuvor; und real gesehen ist die Geldmenge genauso stark geschrumpft wie in den 1980er Jahren. Diese Bedingungen sind es, die die Zinsstrukturkurve widerspiegelt. Die Inflation wird nicht steigen, solange das Wachstum der Geldmenge so schwach ist. Sieht man sich die Entwicklung von Risikoanlagen an, so kann man feststellen, dass diese zuletzt zu einer Rally angesetzt haben. Risikoanlagen schätzen die Inflationsentwicklung optimistisch ein. Aber da die Fed die Finanzbedingungen als Teil des Transmissionsmechanismus für die Inflation betrachtet, hat der Fed-Vorsitzende Powell seine restriktive Rhetorik beibehalten. Das Tempo der Zinserhöhungen wurde mit der Anhebung um 25 Basispunkte im Februar gesenkt, Argumente für niedrigere Zinssätze werden jedoch immer noch nicht angesprochen.“