Das Comeback einer Wirtschaftsweltmacht.
Kolumne von Martin Stenger, Fidelity
Anleger richten ihren Blick wieder auf die Vorzüge der amerikanischen Wirtschaft. Meines Erachtens sprechen drei wesentliche Argumente dafür, dass Bullenmarkt an den US-Börsen weiter geht.
Erstens wächst die US-Wirtschaft weiter solide. Und trotz fünf Jahren quantitativer Lockerung gibt es kaum Inflationsdruck. Das gibt der Notenbank Fed den Spielraum, ihre Geldpolitik kontrolliert in normalere Bahnen zu lenken. Und selbst wenn die Zinsen in den USA steigen, dürfte das kein größeres Problem für Aktien werden. Auch wenn eine kurzfristige Verkaufswelle an den Märkten nicht unwahrscheinlich ist, dürfte sie den Aufwärtstrend nur vorübergehend bremsen. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass Aktienkurse in der Anfangsphase eines Zinsstraffungszyklus in der Regel steigen. Erst in seiner späteren Phase wird der Zinszyklus zur Belastung für Aktien.
US-Gewinne erholt
Zweitens haben sich seit der Finanzkrise die Unternehmensgewinne in Amerika spürbar erholt. In vielen Branchen sind sie so hoch wie nie. Pessimisten rechnen mit einer Rückkehr der Gewinne zu ihrem langjährigen Durchschnitt. Diese Einschätzung teile ich nicht. Aus meiner Sicht spricht nichts gegen dauerhaft hohe Gewinne – sogar noch mit Luft nach oben. Denn in der US-Wirtschaft entfalten starke strukturelle Faktoren ihre Wirkung. Hierzu zählen vor allem günstige Energie und ein für Unternehmen attraktives Arbeitsmarktumfeld. Flankiert wird dies – mindestens genauso wichtig – vom Trend zur Konsolidierung in einzelnen Marktnischen. Hierzu passt meines Erachtens auch der aktuelle Boom bei Firmenübernahmen, der den Markt ebenfalls stützt. Vor diesem Hintergrund sind die Bewertungen in den USA nach wie vor vernünftig.
Drittens stehen wir am Beginn einer Stärkephase des US-Dollar. Sein Höhenflug wird noch eine ganze Weile anhalten. Das wird US-Anleger dazu bringen, ihr Kapital aus dem Ausland zurückzuholen und in heimische Vermögenswerte anzulegen. Die Umkehr von drei Faktoren, die in den vergangenen Jahren den US-Dollar geschwächt hatten, dürften ihn nun befeuern: Erstens sind die USA dank Schieferöl- und –gas – Stichwort Fracking – auf dem besten Weg, ein Energieselbstversorger zu werden. Das kommt der US-Leistungsbilanz und damit dem Dollar zugute.
Gesunder Haushalt
Zweitens hat sich die Lage des US-Haushalts deutlich entspannt, Obama könnte sogar mit einem Haushaltsüberschuss aus dem Amt scheiden. Und drittens dürfte die Fed die Zinsen 2015 erhöhen. Davon sind wir in Europa und Japan noch weit entfernt. Der Dollar wird von den globalen Zinsunterschieden profitieren.
All das bedeutet, dass die aktuelle Aktien-Hausse von anderen Faktoren getrieben wird als die der Jahre 2003 bis 2008. Damals war der Aufstieg Chinas und der übrigen Schwellenländer die treibende Kraft. Der aktuelle – und noch anhaltende – Bullenmarkt wird hingegen von der ökonomischen Vormachtstellung der USA getragen.
Autor Martin Stenger leitet den Vertrieb für unabhängige Finanzberater und Versicherungen bei der Fondsgesellschaft Fidelity Worldwide Investment in Deutschland.