Dominic Rossi, Global Chief Investment Officer für Aktien bei Fidelity Worldwide Investment, erläutert, warum die Krise bei Schwellenländern sich stärker auf die Weltwirtschaft auswirkt als früher und warum die Fed und andere Notenbanken mit der Zinserhöhungsrunde weiterhin warten sollte.
Die globale Wirtschaft steht innerhalb nur eines Jahrzehnts vor der dritten Welle einer Deflation. Die beiden ersten Wellen hatten ihren Ursprung in den Industriestaaten: Zunächst die von den USA ausgehende Immobilien- und Finanzkrise 2008/2009 und dann 2011/2012 das drohende Auseinanderbrechen der Eurozone. Die aktuelle Krise ist in vieler Hinsicht eine klassische Schwellenländerkrise, ähnlich der von 1997. Allerdings ist der Einfluss auf die Wirtschaft der entwickelten Länder diesmal deutlich größer. Deflationäre Preiseffekte bahnen sich ihren Weg zunächst durch Rohstoff- und andere Warenmärkte. Vor allem aber wird die geringere Kaufkraft in den Schwellenländern negative Folgen haben für den globalen Handel und das Wirtschaftswachstum insgesamt.
Es wäre ein kostspieliger Fehler, wenn die Notenbanken in den USA und Großbritannien in diesem Umfeld die Zinsen wie geplant anheben würden. Denn die Probleme in den Schwellenländern würden sich dadurch vergrößern und die Weltwirtschaft weiter bremsen, was letztendlich auch negative Konsequenzen für die Aktienmärkte bedeuten würde. Die Notenbanken sollten deshalb geplante Zinserhöhungen zurückstellen. Die Märkte sind nicht in der Stimmung für politische Fehler, und die Fed sollte klar signalisieren, dass sie vorerst keine Zinsschritte erwägt.
Wachstum in Schwellenländern verlangsamt sich
Nochmal: Der Ursprung dieser Krise ist in den Schwellenländern zu finden, nicht an der Wall Street. Die schwächeren Währungen in Ländern wie Brasilien, Russland, Indonesien, Malaysia und China sind klare Anzeichen für ein langsameres Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern nach Jahren starken Wachstums und hoher nominaler Inflationsraten.
Auf der positiven Seite ist jedoch zu verbuchen, dass die Schwellenländer im Gegensatz zu ihrer Krise 1997 über größere Devisenreserven verfügen und viele der Staaten nun flexible Wechselkurse haben. Auch die Staatsschulden stellen kein großes Problem dar, so dass – anders als damals – ein Eingreifen des Internationalen Währungsfonds IWF oder gar ein Ausfall eines Landes viel unwahrscheinlicher ist.
Dennoch werden die Folgen der niedrigen Rohstoff- und Warenpreise deutlich ausfallen, das Schrumpfen der Kaufkraft in den Schwellenländern hat negative Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Dabei wird das Ausmaß größer sein als 1997, als die Schwellenländer noch nicht so stark in die Weltwirtschaft integriert waren. Dieses Mal dürfte die Schwäche der Schwellenländer die ‘Eiszeit’ global niedriger Zinsen verlängern.
In Innovationen investieren
Die deflationären Preiseffekte der aktuellen Schwellenländerkrise werden aufkeimenden Inflationsdruck mindestens ein Jahr auf Abstand halten. Investoren sollten in diesem Umfeld Aktien stark fremdfinanzierter Firmen unbedingt meiden. Stattdessen sollten sie sich auf Unternehmen mit hohen Cashflows und einer soliden Kapitalallokation konzentrieren, die zudem in der Lage sind, nachhaltig Dividenden an ihre Aktionäre auszuschütten.
Im aktuellen Umfeld ist es in meinen Augen am aussichtsreichsten, in Innovationen zu investieren. Speziell in Unternehmen aus den Sektoren Gesundheitswesen, Technologie und Medien. Es ist sinnvoll, die hohe Volatilität abklingen zu lassen und dann zu einer auf Fundamentaldaten gestützten Aktienauswahl zurückzukehren. Die erhöhten Marktschwankungen dürften anhalten bis die Fed Klarheit hinsichtlich ihrer Zinspolitik schafft.
Foto: Fidelity