Gegen Ende des Jahres werden die Ratingagenturen Spaniens Ausblick neubewerten und als stabil einschätzen. Das prognostiziert Tristan Cooper, Analyst für Staatsanleihen bei Fidelity Worldwide Investment.
„Denn die neuesten Daten deuten darauf hin, dass das Land bereits im dritten Quartal zurück auf den Wachstumspfad gefunden hat. Die Haushaltsziele sind erreichbar. Auch vor der geplanten Bilanzprüfung der europäischen Kreditinstitute durch die Europäische Zentralbank EZB, der Asset Quality Review, müssen sich die spanischen Banken nicht fürchten“, so Cooper.
Wirtschaft wächst im dritten und vierten Quartal
Nach Ansicht des Experten wird Spaniens Bruttoinlandsprodukt im dritten und vierten Quartal wieder real wachsen. Cooper: „Damit könnte die Talsohle durchschritten sein und es gibt wieder Anlass für Optimismus. Durch steigende Exporte hat das Land sein Leistungsbilanzdefizit in einen Überschuss verwandelt.“ Hinzu komme eine starke Tourismus-Saison, die ebenfalls zum derzeit positiven Erscheinungsbild beigetragen habe. Sollte sich die wirtschaftliche Erholung fortsetzen, könne Spanien auch seine Haushaltsziele für die Jahre 2013 und 2014 erreichen. Vor diesem Hintergrund erwartet Cooper eine Stabilisierung der negativen Ausblicke für Spaniens Ratings gegen Ende des Jahres. Das Auslaufen der ESM-Fazilität, also des Rettungsschirms durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus für Spaniens Banken gegen Jahresende könnten die Ratingagenturen zum Anlass für Neueinschätzungen nehmen, so der Fidelity-Analyst.
Bankensektor und Arbeitsmarkt stimmen optimsitisch
Spaniens Banken stehen laut dem Fidelity-Experten inzwischen sehr viel gesünder da als ihre Wettbewerber in anderen Euro-Peripherieländern. Cooper: „Von der bevorstehenden EZB Asset Quality Review – in Deutschland gern Banken-TÜV genannt und nicht mit den kurzlebigeren Stresstests zu verwechseln – brauchen die Institute daher nichts zu befürchten.“ Auch der Arbeitsmarkt sei positiv zu beurteilen: „Die erste Welle der Arbeitsmarktreformen hat bereits zu strukturellen Veränderungen geführt, durch die die spanische Wirtschaft nun auch bei wenig Wachstum mehr Jobs schaffen kann. Der deutliche Rückgang der Lohnstückkosten wurde bislang hauptsächlich durch Entlassungen erreicht, aber seit kurzem steht auch das Lohnniveau zur Disposition. Zudem stehen weitere Arbeitsmarktreformen ganz oben auf der politischen Agenda.“
Erhebliche Herausforderungen sieht Cooper allerdings auch: „Dazu zählen der Schuldenabbau im Privatsektor, sinkende Immobilienpreise und nicht zuletzt die für Arbeitgeber positiven fallenden Löhne. Sie belasten auf der anderen Seite die Inlandsnachfrage, wodurch die spanische Wirtschaft stark von der Auslandsnachfrage abhängig ist.“ Politische Unruhe in Portugal, Italien und Griechenland könnte die spanische Wirtschaft ebenfalls negativ beeinflussen.
Coopers Fazit lautet: „Die spanische Wirtschaft erholt sich langsam und die Regierung dürfte ihre Haushaltsziele erreichen. Das macht es unwahrscheinlich, dass Spaniens Rating auf Junk-Status herabgestuft wird – sofern es zu keinen unvorhersehbaren Schocks kommt. Die Ratingagenturen werden im Gegenteil zunehmend unter Druck stehen, ihre Bonitätsnoten zu stabilisieren oder zumindest negative Rating-Ausblicke zu neutralisieren.“ (mr)
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