Filialsterben der Bank eröffnet Raum für neue Kreativität

Herausforderungen für Banken bleiben hoch

Damit die klassischen Institute von diesem Trend profitieren können, müssen sie ebenfalls ergänzend neue Geschäftsmodelle erfinden. Main Incubator, eine Tochtergesellschaft der Commerzbank, die als Brutstätte für Fintechs agiert, ist beispielsweise ein positiver Ansatz, um sich diesem Trend entgegenzustemmen. Auch die Deutsche Bank hat bei ähnlichen Projekten bereits bedeutende Investitionen vorgenommen. Allerdings müssen fast alle Banken ihre Bemühungen noch intensivieren, damit das wegbrechende Geschäft zunächst ausgeglichen werden kann und langfristig die Umsätze wieder steigen. Insgesamt ist die Hürde für die Traditionsinstitute hoch, da die Firmenkultur vieler Fintechs, aber auch die Gehaltsstrukturen deutlich wettbewerbsfähiger sind.

In den kommenden Jahren werden die Karten in der Finanzbranche grundlegend neu gemischt. International haben die deutschen Standorte Berlin, mit seiner jungen kreativen Startup-Szene aber auch Frankfurt mit der Europäischen Zentralbank und der international hervorragenden Infrastruktur gute Chancen, international bedeutende Standorte im Fintech-Bereich zu werden. So liegt in der Mainmetropole beispielsweise der gemessen am Datenvolumen größte Internetknoten der Welt, was vor allem für Wertpapierhandelsunternehmen attraktiv ist. Auch könnte der anstehende Brexit beiden Städten in die Karten spielen. Allerdings bleibt der weltweite Wettbewerb sehr hoch, so dass hierzu große Anstrengung sowie auch die Unterstützung der Politik erforderlich ist.

Investoren müssen Chancen und Risiken abwägen

Seit dem Jahr 2012 sind die Investitionen in Fintech-Startups alleine in Deutschland von 36 Millionen auf 276 Millionen Euro gestiegen. Weltweit fließt das Geld in strömen in die neue Branche. Auch aus Sicht von Privatanlegern ist diese Branche spannend. Allerdings reicht die Zugehörigkeit zur Fintech-Branche bei Weitem nicht aus, damit ein Unternehmen zum Erfolg wird. An der Wallstreet sind die Aktien bekannter Fintech-Firmen wie Lending Club oder On Deck Capital in den vergangenen zwölf Monaten massiv eingebrochen. Ein weiterer massiver Kursverfall ist keinesfalls ausgeschlossen.

Insgesamt wird die steigende Anzahl von Firmen und damit der steigende Wettbewerb dafür sorgen, dass viele Gesellschaften wieder von der Bildfläche verschwinden. Allerdings werden jetzt auch Champions entstehen, die eine ähnlichen Erfolgsstory vollziehen können, wie Microsoft in der 1980er- und 1990er-Jahren. Für Fondsgesellschaften bietet sich daher die Chance, in neuen Produkten diese Gewinner zu identifizieren, damit Anleger von diesen Trends ebenfalls partizipieren können. Allerdings sollten Investoren aber immer darauf achten, dass die Bewertungen der Fintech-Firmen angemessen sind. Der neue Markt, wo kleine Firmen mit 50 Angestellten und hohen Verlusten mit teilweise mehreren Milliarden Euro bewertet wurden, zeigt wie wichtig ein vernünftiger Einstiegspreis bei Zukunftsinvestitionen ist.

Tim Rademacher ist leitender Redakteur im Bereich Investmentfonds bei Cash. und analysiert die Geschehnisse am Kapitalmarkt direkt vom Finanzplatz Frankfurt aus.

Foto: Cash.

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