Wie steht es die finanzielle Unabhängigkeit und Vorsorge in Krisenzeiten? Die LV 1871 hat zum vierten Mal in Folge ihren „Financial Freedom Report“ vorgestellt. Und der zeigt in diesem Jahr verstärkt, wie gesellschaftspolitische Einflüsse die Wahrnehmung finanzieller Freiheit prägen und das lässt den Financial Freedom Index erstmals sinken. Besonders betroffen ist dabei die Generation Z, die vor spezifischen Herausforderungen steht.
Demokratische Werte als Maßstab für Freiheit
Im Jahr 2024 sind für die Deutschen demokratische Werte wie freie Meinungsäußerung (83 %), Selbstbestimmung (79,5 %), Bewegungsfreiheit (68,5 %) und freie Wahlen (66,1 %) die zentralen Freiheitsfaktoren, wie der Report zeigt. Finanzielle Unabhängigkeit folgt auf diese Werte mit 59,6 Prozent, ein leichter Rückgang gegenüber den 62,8 Prozent im Vorjahr.
„Die Ergebnisse überraschen bei der aktuellen politischen Debatte über die Bedrohung der Demokratie kaum“, kommentiert Prof. Dr. Julia Pitters, Expertin für Wirtschafts-und Finanzpsychologie an der Internationalen Hochschule, die die Studie begleitet hat. Sie hebt hervor, dass finanzielle Freiheit mehr bedeutet als nur finanzielle Sicherheit: „Sie ist die Basis für Selbstbestimmung und umfasst auch die Fähigkeit, langfristig sichere Entscheidungen zu treffen.“
Emotionale Belastung durch Finanzängste
Viele Deutsche sind pessimistisch, wenn es um ihre Finanzen geht. Laut Studie blicken 50,3 Prozent der Befragten mit negativen Gefühlen auf ihre finanzielle Lage. Nur ein Drittel (29,5 %) empfindet positiv, während 20,2 Prozent neutral bleiben. „Die negativen Emotionen, insbesondere Sorgen und Zukunftsängste, können sich kontraproduktiv auf die Finanzplanung auswirken. Aus einer lähmenden Haltung kann leicht eine selbsterfüllende Prophezeiung entstehen. Es wird beispielsweise nicht weitsichtig investiert, was zu finanziellen Verlusten führt und die Ängste weiter schürt“, erklärt Pitters.
Finanzielle Normalität: Ein brüchiger Zustand
Der Financial Freedom Index, der 2022 eingeführt wurde, sinkt erstmals – von 44,8 im Vorjahr auf 41,6 Prozent. Damit bewegt sich der Index weiter in der Stufe „Normalität“ – ein Zustand, der durch eine instabile finanzielle Basis charakterisiert ist, die schnell gefährdet ist, wenn Einkommensquellen versiegen. Hermann Schrögenauer, Vorstand der LV 1871, sieht die Ergebnisse als Signal: „Die aktuellen wirtschaftlichen Umstände verunsichern viele, sodass sie wenig oder gar nicht für ihre finanzielle Sicherheit vorsorgen. Das erschwert den Weg zur finanziellen Kontrolle.“ Der Index differenziert die Stufen „Chaos“, „Normalität“, „Kontrolle“ und „Freiheit“, wobei der Zustand „Freiheit“ höchste finanzielle Stabilität beschreibt.
Gen Z und der Wunsch nach Erfüllung
Finanzielle Freiheit bedeutet für die meisten Deutschen (59,2 %) finanzielle Unabhängigkeit in allen Lebenslagen. Junge Menschen der Generation Z legen mit 20,7 Prozent jedoch verstärkt Wert darauf, dass finanzielle Freiheit die Erfüllung persönlicher Träume ermöglicht. Gleichzeitig zeigt die Gen Z mit 40,7 Prozent den niedrigsten Wert, wenn es um finanzielle Unabhängigkeit in allen Lebenslagen geht. Zudem ist ihre Unzufriedenheit mit den eigenen Finanzen besonders hoch (44,8 %). „Für junge Menschen steht heute die Erfüllung von Wünschen im Vordergrund, bevor die Finanzierbarkeit bedacht wird“, erklärt Pitters. Schrögenauer ergänzt: „Angesichts wachsender Unsicherheiten rund um staatliche Renten und wirtschaftliche Herausforderungen ist es wichtig, dass insbesondere junge Menschen frühzeitig und langfristig vorsorgen.“
Studienhintergrund
Die LV 1871 befragte in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey im August 2024 deutschlandweit 2.500 Menschen ab 18 Jahren, um ein umfassendes Bild über den Einfluss finanzieller Themen auf das individuelle Freiheitsempfinden und die Bereitschaft zur Vorsorge zu erhalten. Die Studie untersuchte, wie Finanzplanung und Absicherung das Leben der Menschen prägen und beleuchtet, wie verschiedene Generationen finanzielle Freiheit definieren und erleben.