Bisher haben die sogenannten „vertraglich gebundenen Agenten“ über ihre Haftungsdachanbindung nahezu ausschließlich ihr Investmentfonds- und Zertifikategeschäft sowie die Vermittlung anderweitiger Finanzinstrumente abgewickelt.
Sofern sie ihren Kunden auch geschlossene Fonds vermittelten, erfolgte die Abwicklung meistens nicht über das Haftungsdach, sondern über Direktanbindungen an Anbieter oder über Spezialpools, die ein breiteres Angebot und häufig auch bessere Konditionen lieferten. Diese Aufteilung des Geschäfts ist ab Juni nicht mehr möglich.
Vertraglich gebundene Vermittler eines Haftungsdaches machen bekanntlich von einer Ausnahmeregelung des KWG Gebrauch, die es ihnen ermöglicht, ohne selbst eine KWG-Lizenz zu besitzen, Anlagevermittlungen und Beratung im Wertpapierbereich anzubieten und hierbei die Lizenz des Haftungsdachs zu nutzen.
Von dieser Ausnahmeregelung kann jedoch nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn sämtliche Geschäfte im Bereich von Finanzinstrumenten über ein Haftungsdach abgewickelt werden. Mit der Statusänderung für geschlossene Fonds geht daher einher, dass ab dem 1. Juni 2012 auch deren Vermittlung über das Haftungsdach zu erfolgen hat.
Haftungsdächer, die bisher kein Angebot der Vermittlung von geschlossenen Fonds vorhielten, deren gebundene Agenten jedoch in diesem Bereich aktiv sind, sehen sich daher auf Grund des Gesetzes gezwungen, ihr Angebot zu erweitern, um nicht für ihre Vertriebspartner unattraktiv zu werden und deren Abwanderung in Kauf nehmen zu müssen.
Die notwendige Erweiterung des Produktportfolios führt jedoch selbstverständlich auch zu einer Erweiterung der Haftung. Da der Vertrieb weiterhin für die Qualität der von ihm angebotenen Produkte einzustehen hat, müssten die Haftungsdächer kurzfristig Know-how im Bereich der Plausibilitätsprüfung aufbauen. Häufig wird daher eine Kooperation mit einem erfahrenen Poolpartner der Königsweg sein.
Haftungsdächer sind verantwortlich
Dringend abzuraten ist den Haftungsdächern davon, gegenüber den anderweitigen Aktivitäten ihrer gebundenen Agenten nach dem Motto, „was ich nicht weiß macht mich nicht heiß“, übersetzt: was nicht von uns abgewickelt wird, für das haften wir auch nicht, zu verfahren. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich in Paragraf 2 Absatz 10 KWG geregelt, dass sich die Haftungsdächer die Tätigkeit ihrer vertraglich verbundenen Vermittler zurechnen lassen müssen.
Dies gilt für deren gesamte Tätigkeit im Bereich der Vermittlung von Finanzinstrumenten, da sich der Kunde, der von einem vertraglich gebundenen Vermittler beraten wird, darauf verlassen können muss, dass dessen gesamtes Leistungsangebot unter dem Schutz des haftenden Unternehmens steht.
Das Dach haftet demnach ab Juni auch dann für die Vermittlung geschlossener Fonds, durch seine gebundenen Agenten, falls es hiervon keinerlei Kenntnis hat. Wie weit diese Erfüllungsgehilfenhaftung geht, hat zuletzt der BGH mit seinem Urteil vom 15. März 2012 zur Haftung der DVAG für ein strafbares Verhalten eines ihrer Handelsvertreter bestätigt.
Seite drei: Keine Vermittlung mehr außerhalb des Haftungsdaches