SPD und CDU haben sich in ihren Koalitionsgesprächen auf die Einführung einer Finanztransaktionssteuer geeinigt. Damit leisten sie einen Bärendienst für die private Altersvorsorge und bringen den Finanzplatz Deutschland in Gefahr.
Kolumne von Prof. Dieter Weirich, DIA
Das Gegenteil von gut ist bekanntlich gut gemeint. So ist es auch mit der Finanztransaktionssteuer, auf die sich SPD und CDU in ihren Koalitionsgesprächen verständigt haben. Eine kaum verwunderliche Harmonie, plädiert die SPD doch seit langem für diese Abgabe, die auf den US-Ökonomen James Tobin zurückgeht.
Tobin hatte 1972 dieses auf den ersten Blick politisch einnehmende Instrument ins Gespräch gebracht. Seither arbeiten sich Politiker aller Couleur und aus unterschiedlichen Staaten an seinem Vorschlag ab. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble plädierte für eine Steuer auf Handel mit Aktien und Anleihen, wollte aber eine gesamteuropäische Lösung.
Nach den milliardenschweren Bankenrettungs- und Sparpaketen war bereits die schwarz-gelbe Bundesregierung in Eintracht mit der französischen Regierung und weiteren neun europäischen Staaten auf den Kurs eingeschwenkt, die Finanztransaktionssteuer auch ohne weitere europäische Unterstützung zu erheben. Zuletzt waren diese Überlegungen aber ins Stocken geraten, auch wegen unübersehbarer rechtlicher Bedenken.
Hälfte aller Börsengeschäfte computergesteuert
Die Lobredner des neuen Koalitionsbeschlusses – allen voran der sozialdemokratische Europaparlamentspräsident Martin Schulz, der die Beteiligung des Banken- und Finanzsektors an den Folgelasten der Finanzmarktkrise rühmt – argumentieren mit der Lenkungswirkung einer solchen Steuer.
Kurzfristige Spekulationen sollten verhindert, die Volatilität an den Finanzmärkten vermieden werden. Mit anderen Worten: Spekulationen sollen unrentabler werden, Gelder sollen in längerfristige Investitionen gelenkt werden.
Im Auge hat man vor allem den problematischen Hochfrequenzhandel, der computergesteuert minimale Kursunterschiede von Wertpapieren, Derivaten und Rohstoffen an verschiedenen Börsenplätzen ausnutzt und damit keinen Beitrag zur Realwirtschaft leistet.
Finanztransaktionssteuer: Mehr Schaden als Nutzen befürchtet
Drei Viertel der Börsengeschäfte in den USA und nahezu die Hälfte in Europa läuft computergesteuert. Nachdem Bankenrettung und Finanzkrise die EU-Staaten mit 4,6 Billionen Euro belastet haben, sei es nun an der Zeit, den Finanzsektor – so EU-Kommissionspräsident Barroso – auf „einen Beitrag für die Gemeinschaft zu verpflichten“.
54 Milliarden Euro soll das bringen, ein Drittel soll an die nationalen Haushalte gehen. Das klingt zunächst ganz gut, bei näherer Betrachtung ist der Nutzen der Steuer geringer als der Schaden.
Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen gehen von einer negativen Beeinflussung der Liquidität an den Märkten aus, bezweifeln einen Volatilitätseffekt. Von einer Stärkung des Finanzsystems könne also keine Rede mehr sein.
Drohende Abwanderung ins Ausland
Dass die Welt nicht am deutschen Wesen genesen wird, sollte eigentlich auch der schwarz-roten Koalition geläufig sein. Die Welt spielt bei der „teutonischen Dressurübung“ nicht mit, noch nicht einmal ganz Europa.
So droht nach Einführung der Finanztransaktionssteuer die Abwanderung von Finanzinstituten ins Ausland. Das Schlupfloch London lässt grüßen. Eigentlich müsste die hessische Landesregierung solche Überlegungen bekämpfen, würde dem Finanzplatz Frankfurt doch ein Bärendienst erwiesen.
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