Allerdings bemüht sich der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier als Unterhändler im Bund wie im Land selbst um eine Große Koalition. Sein Kampfgeist dürfte sich also in Grenzen halten. Besonders apart ist, dass der deutsche Vorstoß ausgerechnet zu einem Zeitpunkt kommt, wo die einstigen Protagonisten aus Frankreich gerade von der Fahne gehen.
Präsident Francois Hollande, dem es einst nicht schnell genug gehen konnte, ist derweil skeptisch geworden. Sein Finanzminister Pierre Moscovici hat sich inzwischen von der heimischen Finanzwirtschaft überzeugen lassen, eine Steuer in der geplanten Form führe zum Verlust von Arbeitsplätzen in Paris.
Auch zu erwartende schrumpfende Renditen für alle, die auf private Altersvorsorge gesetzt haben, machen die Regierenden nervös. Notenbankchef Christian Noyer hat sich deshalb deutlich gegen die Finanztransaktionssteuer in der geplanten Form positioniert.
Sparer sind Leidtragende
Die Leidtragenden der neuen Steuer wären eindeutig die Sparer. Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (ISNM) hat jüngst auf die zunehmende Bedeutung von institutionellen Investoren wie Pensionsfonds, Investmentfonds und Versicherungen, die das Sparvermögen ihrer Kunden verwalten, hingewiesen. Die Umschlaghäufigkeit der Anlagen ist damit deutlich erhöht worden.
Wurden in den Jahren von 1989 bis 1993 rund 50 Prozent des Vermögens einmal umgeschichtet, stieg diese Häufigkeit im letzten halben Jahrzehnt zwischen 129 und 269 Prozent an.
Bei jeder dieser Umschichtungen des Sparvolumens fällt die Steuer von neuem an, führt zu Renditeeinbußen der Sparer. Eine Finanztransaktionssteuer von 0,1 Prozent würde zu einer Einbuße bei den auszahlbaren privaten Renten in der Größenordnung von 2,5 bis 5,5 Prozent führen.
Finanztransaktionssteuer übertrifft staatliche Riester-Förderung
Damit würde die staatliche Förderung für Riester-Verträge durch die Steuer übertroffen werden. Georg Fahrenschon, Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes, hat recht, wenn er feststellt, die neue Abgabe werde die Falschen treffen.
Statt in Niedrigzinszeiten die Wertpapierberatung für breite Schichten und das Riestersparen als private Altersvorsorge zu fördern, werden genau diese Anlageformen ihrer Attraktivität beraubt.
Deshalb sind auch die Verbraucherschutzverbände in eine Abwehrhaltung gegangen. Die Union muss sich nach dieser Entscheidung außerdem einen Wortbruch vorhalten lassen, hat sie doch versprochen, keine Steuererhöhungen vorzunehmen.
Wenn Anlagen von Kleinsparern in Aktien und Wertpapieren massiv betroffen sind, scheinen Wahlversprechen in Vergessenheit geraten zu sein.
Prof. Dieter Weirich ist neben Klaus Morgenstern Sprecher des Deutschen Institutes für Altersvorsorge (DIA), einer Denkfabrik zur Stärkung der privaten Vorsorge. Der gelernte Journalist war von 1989 bis 2001 Intendant der Deutschen Welle, von 1980 bis 1989 Mitglied des Deutschen Bundestages.
Foto: DIA