Frank Nobis, Geschäftsführer des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP), spricht über die aktuelle Rentendebatte und erklärt, warum die Politik in den nächsten Jahren alle drei Säulen der Altersvorsorge stärken und in der Bevölkerung Aufklärungsarbeit leisten muss.
Cash.: In der Großen Koalition wird der Ruf lauter, noch vor der Bundestagswahl 2017 eine große Rentenreform durchzuführen, mit dem Ziel, das gesetzliche Rentenniveau zu stärken. Steht die Republik vor dem „Comeback“ des klassischen Umlageverfahrens nach dem Solidarprinzip?
Nobis: Ein „Comeback“ impliziert, dass die gesetzliche Rente schon einmal „out“ war. Dem ist aber nicht so. Für die allermeisten Bundesbürger ist und bleibt die gesetzliche Rente die größte Einkommensquelle im Ruhestand. Die Reform muss vor allem in den Köpfen der Politiker stattfinden. Insbesondere muss die Politik ehrlicher zu den Menschen sein.
Wir werden immer älter und bekommen immer weniger Kinder. Im Jahr 1960 betrug die durchschnittliche Rentenbezugsdauer 9,9 Jahre. Heute sind es schon fast 19 Jahre. Daher muss auch der Generationenvertrag der gesetzlichen Rente stärker an den demografischen Veränderungen ausgerichtet werden.
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So könnte man beispielsweise den Rentenbeginn automatisch an die stetig steigende Lebenserwartung anpassen. Die Rente mit 67 ist sinnvollerweise bereits umgesetzt. Es muss aber weiter gehen. Eine Flexibilisierung des Renteneintritts ist ebenfalls erforderlich. Und natürlich muss man sich im Sinne der Solidarität auch über ein Verbreiterung der Bemessungsgrundlage unterhalten.
Die gesetzliche Rente durch eine noch höhere steuerliche Subvention zu stützen, halte ich für einen Fehler. Immerhin wird jetzt schon fast ein Drittel der Ausgaben nicht aus Beiträgen, sondern aus dem Bundeshaushalt finanziert. Dass wir bald wieder eine Reform zur Stärkung der ersten Säule brauchen, steht für mich also völlig außer Frage.
Seite zwei: „Das Vertrauen der Bundesbürger in die zweite und dritte Säule der Alterssicherung ist erschüttert“