Fondsmarktstärkungsgesetz: Liquiditätsboost für erneuerbare Energien?

Symbol-Grafik Erneuerbare Energie
Foto: PantherMedia / vladvitek
Die Energiewende genießt nach wie vor eine stabile Zustimmung in der Bevölkerung.

EXKLUSIV Nach dem Referentenentwurf vom August 2024 liegt seit Ende letzter Woche nun auch der Regierungsentwurf zum sogenannten Fondsmarktstärkungsgesetz vor. Was sich dadurch ändert. Gastbeitrag von Dr. Christian Conreder und Michaela Engler, Rödl & Partner

Das Gesetz dient in erster Linie der Umsetzung der auch als „AIFMD II“ bezeichneten „Richtlinie (EU) 2024/927 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. März 2024 zur Änderung der Richtlinien 2011/61/EU und 2009/65/EG im Hinblick auf Übertragungsvereinbarungen, Liquiditätsrisikomanagement, die aufsichtliche Berichterstattung, die Erbringung von Verwahr- und Hinterlegungsdienstleistungen und die Kreditvergabe durch alternative Investmentfonds“. 


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Die AIFMD II ist seit 15. April 2024 in Kraft und ändert, anders als ihre inoffizielle Bezeichnung vermuten lässt, nicht nur die AIFMD, die Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds, sondern auch die OGAW-Richtlinie 2009/65/EG, die für OGAW und deren Verwaltungsgesellschaften gilt. Die Umsetzung der neuen EU-weit harmonisierten Vorgaben der AIFMD II an KVGen durch das Fondmarktstärkungsgesetz betrifft unter anderem

  • Voraussetzungen der Kreditvergabe durch AIF,
  • Vorgaben an Auslagerungen / Outsourcing-Vereinbarungen,
  • Vorgaben an die KVG-Leitungsorgane / Geschäftsleiter,
  • Vorgaben an das Liquiditätsmanagement  
  • Erweiterungen des erlaubten Dienstleistungsspektrum für externe KVGen und auch
  • Möglichkeiten grenzüberschreitender Dienstleistungen von Verwahrstellen.

Hiermit sollte sich die Branche, sofern noch nicht geschehen, zeitnah vertraut machen.

Außerdem hat der deutsche Gesetzgeber im Entwurf des Fondmarktstärkungsgesetzes aber auch einige Erleichterungen bei den nationalen KAGB-Vorgaben für die deutsche Fondsbranche vorgesehen: So sollen zukünftig nicht nur offene, sondern auch

  • geschlossene Sondervermögen im Publikumsfondsbereich

aufgelegt werden können.

Bisher waren geschlossene Sondervermögen in Deutschland ausschließlich (semi-)professionellen Anlegern vorbehalten. Mit Inkrafttreten des Fondmarktstärkungsgesetz sollen Fondsanbieter dadurch schneller und flexibler agieren können, als dies bei einer erforderlichen Neugründung eines neuen AIF in Gesellschaftsform jeweils der Fall wäre.

Bestehende Produktpaletten sollen so mit geringerem administrativem Aufwand erweitert werden können und Anbieter in die Lage versetzt werden, konkurrenzfähige Produkte, beispielsweise für ELTIF, aufzulegen. Infolgedessen sollen Privatanleger als Investoren dann – so die Intention des Gesetzgebers  – neben institutionellen Investoren einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung von erneuerbaren Energien und Infrastruktur und zu Energiewende in Deutschland leisten.

Außerdem – auch insoweit geht der Gesetzgeber auf die Bedürfnisse der Branche und die Herausforderungen der Nachhaltigkeitstransformation ein – soll es Anbietern von geschlossenen Fonds zukünftig auch möglich sein,

  • Bürgerbeteiligungen im Bereich der erneuerbaren Energien

anzubieten.

Hintergrund der vorgesehenen Neuregelung ist folgender Umstand: Kommunen setzen häufig voraus, dass sich Anwohnerinnen und Anwohner geplanter Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien, die in der jeweiligen Kommune errichtet werden sollen, an diesen beteiligen können müssen. Dadurch soll zum einen die Akzeptanz für den Bau und Betrieb neuer Anlagen wie Windparks oder Photovoltaikanlagen bei den betroffenen Anliegern der geplanten Standorte erhöht werden, zum anderen aber auch das Tempo beim Ausbau der Anlagen. Als Anlagevehikel für die Bürgerenergiebeteiligung bieten sich bisher allerdings vorrangig Vermögensanlagen wie zum Beispiel Nachrangdarlehen oder Genussrechte an.

Eine Ausgestaltung als geschlossener Publikums-AIF scheitert derzeit in der Regel an den Vorgaben zur Risikomischung in Paragraf 262 KAGB. Hier will der Gesetzgeber mit einer neuen Ausnahmeregel Abhilfe schaffen: Der Grundsatz der Risikomischung soll zukünftig nicht mehr zu beachten sein, wenn der AIF ausschließlich in „Anlagen zur Erzeugung, zum Transport und zur Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien“ investiert und wenn ausschließlich Ortsansässige Anleger des AIF werden können. Hierfür wird das Gesetz eine eigene Definition enthalten.

Auf die Einhaltung einer Mindestanlagesumme soll es ebenfalls nicht ankommen, denn es sollen keine hohen finanziellen Hürden für Bürgerenergiebeteiligungen aufgestellt werden. Auch insoweit sollen die zu erhoffenden Liquiditätszuflüsse von privaten Investoren einen Beitrag zur Energiewende leisten und den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland vorantreiben.

Ein gewisser Zeitdruck

Sowohl von der Fondsindustrie als auch den Verbänden scheint das gesetzgeberische Vorhaben gut aufgenommen zu werden, bildet der Gesetzesentwurf doch einige von deren Vorschlägen im Gesetzgebungsverfahren ab. So wurden bei den Vorarbeiten zum Regierungsentwurf u.a. Vorschläge des BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V., des Bundesverbands Alternative Investments e.V., des Verbands der Auslandsbanken, der Deutschen Kreditwirtschaft, des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. aber auch der Aufsichtsbehörden ausgewertet.

Auch in Bezug auf das Timing erkennt der Gesetzgeber den im Vorfeld geäußerten Handlungsbedarf: Das Fondsmarktstärkungsgesetz soll im Wesentlichen zum Ablauf der in der „AIFMD II“ EU-weit vorgegebenen Umsetzungsfirst am 16. April 2026 in Kraft treten, einige der vorgesehenen Neuregelungen, wie die oben genannten zu den geschlossenen Sondervermögen oder zu Bürgerenergiebeteiligungen, aber schon zum 1. Juli 2025. Angesichts des vorhandenen Kapitalbedarfs zur Nachhaltigkeitstransformation in Deutschland und der gefährdeten rechtzeitigen Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele wird man hier in der Tat einen gewissen Zeitdruck erkennen müssen. Auf eine zeitnahe Umsetzung ist daher zu hoffen.

Rechtsanwalt und Partner Christian Conreder leitet den Bereich Kapitalanlagerecht bei Rödl & Partner. Michaela Engler ist als Associate Partner im Bereich Investmentrecht bei Rödl & Partner in Hamburg tätig.

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