Fondsabsatz 2022: Krieg und Wirtschaftskrisen sorgen für Rückgang

Euro-Muenzstapel
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Der deutsche Fondsmarkt kämpfte 2022 mit wirtschaftlichen und geopolitischen Krisen.

Während das Fondsvolumen der in Deutschland vertriebenen Fonds im letzten Jahr kaum abnahm, hielten sich Privatanleger mit dem Kauf neuer Fondsanteile zurück. Nachhaltigkeitsfonds indes konnten profitieren.

Die Fondsbranche hat sich in den Marktturbulenzen 2022 widerstandsfähig gezeigt. Insgesamt flossen Fonds 66 Milliarden Euro zu. „Der Einmarsch Russlands in die Ukraine war eine Zäsur“, sagt Dirk Degenhardt, Präsident des deutschen Fondsverbands BVI. „Der Krieg, explodierende Energiepreise und steigende Inflationsraten haben zu deutlichen Kursrückgängen an den Aktien- und Rentenmärkten geführt und Anleger verunsichert. Trotzdem haben sie sehr besonnen reagiert, denn wir haben keine hohen Rückflüsse gesehen, sondern eher eine Kaufzurückhaltung.“

Für das – im Vergleich zu anderen Fondsmärkten in Europa – gute Neugeschäft in Deutschland verweist der BVI-Präsident nicht nur auf die Zuflüsse in Spezialfonds, die das Kapital institutioneller Anleger verwalten. Auch die Fondssparpläne stützen das Neugeschäft immer stärker. „Erste Signale für das Januar-Geschäft waren gut“, sagt Degenhardt. „Nach vorne betrachtet ergeben sich durch die vollzogene Zinswende auch wieder bei Rentenfonds attraktive Perspektiven. Auf Basis der erwarteten Inflationsraten bieten aktuell aber nur Aktien- und Immobilienfonds oder auch ausgewogene und offensive Mischfonds die Chance auf eine positive Realrendite.“

Die Entwicklung des Vermögens im letzten Jahr spiegelt die Turbulenzen an den Börsen wider. Die Fondsgesellschaften verwalteten Ende 2022 ein Gesamtvermögen von 3.804 Milliarden Euro. Das sind knapp 12 Prozent weniger als zum Jahresstart (4.310 Milliarden Euro). Ende September stoppte der Abwärtstrend. Aufgrund der Erholung an den Börsen stieg das Vermögen im vierten Quartal um ein Prozent (30. September 2022: 3.751 Milliarden Euro). Offene Spezialfonds sind mit einem Vermögen von 1.943 Milliarden Euro die größte Fondsgruppe. Zusammen mit den Mandaten im Wert von 529 Milliarden Euro entfallen fast zwei Drittel des verwalteten Gesamtvermögens auf das rein institutionelle Geschäft mit zum Beispiel Altersvorsorgeeinrichtungen und Versicherungsgesellschaften.

Offene Publikumsfonds verwalten ein Vermögen von 1.280 Milliarden Euro. Das Netto-Vermögen der geschlossenen Fonds beträgt 52 Milliarden Euro.

Der deutsche Fondsmarkt bestätigte erneut seine Spitzenposition in Europa. Nach Angaben der Europäischen Zentralbank ist Deutschland mit einem Anteil von 28 Prozent der größte Fondsmarkt in der EU. Auch beim Wachstum ist Deutschland führend. Innerhalb der letzten fünf Jahre stieg das Vermögen hierzulande im Schnitt um 6,1 Prozent pro Jahr und damit deutlich stärker als in anderen Absatzmärkten wie Italien (2,5 Prozent pro Jahr) und Frankreich (1,4 Prozent pro Jahr).

Nachdem Spezial- und Publikumsfonds im Januar 2022 mit Rekordzuflüssen von insgesamt 30 Milliarden Euro gestartet waren, markierte der Ukrainekrieg den Wendepunkt im Neugeschäft. Aus offenen Publikumsfonds flossen im Gesamtjahr netto 4 Milliarden Euro ab. Das ist dennoch weniger als in den Krisenjahren 2008 (27 Milliarden Euro) und 2011 (15 Milliarden Euro). Allein im vierten Quartal erhielten Publikumsfonds wiederum Zuflüsse von 5 Milliarden Euro. Seit 2020 stammt ein Großteil des Neugeschäfts der Publikumsfonds nach Angaben der Bundesbank von Privatanlegern. 2022 haben Sparer bis Ende September 40 Milliarden Euro neu angelegt – trotz der steigenden Zinsen. Einen wichtigen Beitrag zu dieser Entwicklung leisten Fondssparpläne, deren Zahl in den letzten Jahren stark gestiegen ist.

Das Absatzbild der Publikumsfonds zeigt ein differenziertes Bild. Mischfonds erhielten im Jahr 2022 netto 12,5 Milliarden Euro Zuflüsse. Nach einem starken ersten Quartal (13 Milliarden Euro) stagnierte das Neugeschäft im weiteren Jahresverlauf. Auch bei Immobilienfonds ging das Neugeschäft im Jahresverlauf zurück. Insgesamt erzielten sie 4,5 Milliarden Euro neue Gelder. Rentenfonds verzeichneten Abflüsse von 17,4 Milliarden Euro – allen voran Rentenfonds mit Schwerpunkt Euro oder europäische Währungen (insgesamt 9 Milliarden Euro) und Unternehmensanleihen-Fonds (2 Milliarden Euro). Bei Aktienfonds waren Produkte mit globalem Anlageschwerpunkt gefragt. Ihnen flossen 20 Milliarden Euro zu. Aus Fonds, die europaweit investieren, zogen Anleger insgesamt 11 Milliarden Euro ab. Nordamerika-Fonds verzeichneten 3,5 Milliarden Euro Abflüsse, Schwellenländer-Fonds 2,5 Milliarden Euro. Unter dem Strich verbuchten Aktienfonds 0,5 Milliarden Euro Zuflüsse. Dabei flossen 4,4 Milliarden Euro aus Aktien-ETFs ab.

Zuflüsse bei Publikumsfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen

Publikumsfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen haben sich teilweise vom schwierigen Marktumfeld abkoppeln können. Produkte, die die Fondsgesellschaften gemäß Artikel 8 oder Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) klassifiziert haben, erhielten netto 5,4 Milliarden Euro neue Gelder. Sie verwalten ein Vermögen von 604 Milliarden Euro. Das sind 20 Prozent mehr als zum Ende des Vorjahres (503 Milliarden Euro). Der Anstieg erklärt sich vor allem durch die Umstellung von konventionellen Fonds auf Fonds, die die entsprechenden Transparenzanforderungen der EU gemäß Artikel 8 oder 9 der SFDR erfüllen. Offene Spezialfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen verwalten 135 Milliarden Euro.

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