Fondspolicen: Die Trends am Markt für die private Altersvorsorge

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Bildagentur PantherMedia / Frank Peters
Rendite oder Sicherheit: Mit dem Anstieg des Garantiezinses werden die Karten am Vorsorgemarkt neu gemischt.

Zum 1. Januar 2025 wird der Höchstrechnungszins von 0,25 auf ein Prozent angehoben, die erste Erhöhung seit 30 Jahren. Was bedeutet dieses „historische Ereignis” für den Markt der Altersvorsorge? Sitzen Fondspolicen noch fest auf ihrem Thron?

Mit dem höheren Rechnungszins ist bei klassischen Produkten rein rechnerisch wieder eine 100 %-Beitragsgarantie möglich. Werden sie jetzt wieder attraktiver? Laut Alte Leipziger: Nein. Gründe seien begrenztes Renditepotential und das Inflationsrisiko. „Die Anhebung des Höchstrechnungszinses wird sicherlich Aufmerksamkeit erregen, doch wir erwarten keine signifikante Rückkehr zu klassischen Produkten”, sagt Dr. Michael Martin, Leiter der Geschäftsfelder Altersvorsorge und Produktstrategie Leben, Die Bayerische. Am Ende sollten die Kunden über den Garantieanteil entscheiden, was voraussetze, dass ihnen die Effekte unterschiedlich hoher Garantien auf die mögliche Rendite bewusst seien.

Laut HDI wissen Kunden heute, dass es Garantien nicht zum Nulltarif gibt, weil der dafür erforderliche Aufwand die Rendite schmälert. Außerdem sei durch den Abwärtstrend des Garantiezinses in der Vergangenheit das Vertrauen der Kunden in Wertpapiere stetig gewachsen. 2023 seien diese auf Platz zwei der vertrauenswürdigsten Altersvorsorgeformen gewesen, gleich nach den eigenen vier Wänden, so eine Studie des Hauses.


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„Bei Laufzeiten von 30 und 40 Jahren, wie es bei Lebensversicherungen üblich ist, empfehle ich Verbrauchern – trotz der gestiegenen Zinsen – weiterhin auf die Ertragskraft der Aktienmärkte zu setzen. Renditebetrachtungen der letzten zehn Jahre zeigen eindrücklich, dass nur Aktien in der Lage waren, interessante Renditen zu realisieren”, unterstreicht Thomas Lüer, Vertriebs-Chef HDI Versicherungen. Auch Sicherheitsaspekte im Vergleich zur Fondsanlage und steuerliche Vorteile machten Fondspolicen zur überzeugendsten privaten Altersvorsorgeform.

Thomas Lüer, Vertriebschef der HDI Versicherungen

Die Stuttgarter erwartet hingegen wieder verstärkt Klassikprodukte am Markt. Dr. Guido Bader, Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter, sagt aber: „Ich gehe davon aus, dass die Nachfrage anfangs noch verhalten sein wird: die Überschussbeteiligung abzüglich der Kosten im Vergleich zum Tagesgeld ist nicht attraktiv genug”. Langfristig werde das Interesse aber steigen, besonders bei risikoaversen Kunden, die von den starken Glättungsmechanismen dieser Produkte profitierten. Sebastian Weigelt, Leiter Intermediärvertrieb Swiss Life, sagt zur Zinserhöhung: „Diese Änderung könnte in der Tat dazu führen, dass klassische Produkte zur privaten Altersvorsorge stärker nachgefragt werden“. Definitiv eine höhere Nachfrage bei klassischen Rentenversicherungen erwartet der Volkswohl Bund. Durch die Anhebung werde der garantierte Rentenfaktor steigen, was sich positiv auf mögliche Rentenleistungen auswirke. Außerdem seien in Verbindung mit dem höheren Rechnungszins höhere Ablaufleistungen möglich.

Und was ist mit Riester?

Und was ist mit Riester? Der Volkswohl Bund könne hier jetzt wieder die Beitragsgarantie darstellen und werde daher Riester wieder außerhalb des Honorar-Tarifs anbieten – klassisch mit Indexbeteiligung und fondsgebunden mit dynamischer Wertsicherung. Die WWK biete seit 1. Juli 2024 einen neuen fondsgebundenen Riester-Tarif mit einem Prozent Rechnungszins an. Mit Versicherungsbeginn in 2025, könne der Vermittler bereits heute darauf zurückgreifen. Dieser Tarif habe zählbare Vertriebserfolge. „Mit dem frühzeitigen Angebot dieses Vorsorgetarifs war die WWK dem Markt eine Nasenlänge voraus”, zeigt sich Thomas Heß, Marketingchef und Organisationsdirektor Partnervertrieb bei der WWK, erfreut.

Alte Leipziger, Bayerische und Stuttgarter sehen die Zukunft von Riester derzeit wegen der ungeklärten regulatorischen Bedingungen als ungewiss. Laut Bayerischer werden einige Anbieter aufgrund der Rechnungszinserhöhung Riester wieder vermehrt „ins Schaufenster stellen”. Aktuell gingen die Vorschläge der Fokusgruppe aber in eine Richtung, die nicht hundertprozentig mit der heutigen Riester-Rente übereinstimme. Für die Stuttgarter hängt die Zukunft von Riester eng mit der geplanten Reform der privaten Altersvorsorge zusammen. „Sollte diese Reform in der aktuellen Legislaturperiode verabschiedet werden, ist ein Neugeschäft mit dem „alten” Riester unwahrscheinlich. Andernfalls werden wir tatsächlich ein Revival sehen”, so Bader.

Jens Oliver Martin, Leiter Produktmanagement bei der Alte Leipziger Lebensversicherung, sagt: „Bei einer gleichbleibenden Beitragsgarantie von 100 Prozent reicht die Zinserhöhung auf ein Prozent aus unserer Sicht noch nicht aus, um Riester wieder attraktiv zu machen“. Für eine Neubelebung sei eine Lockerung der 100-Prozent-Garantie und eine Vereinfachung der hohen regulatorischen Anforderungen entscheidend. Derselben Ansicht ist die HDI. Neben wesentlichen Vereinfachungen der Förderung erfordere es auch eine nennenswerte Senkung des Garantieniveaus, beispielsweise auf 80 Prozent Beitragsgarantie, damit Kunden Riester wieder akzeptierten.  

Ungebremster Trend zu reinen Fondspolicen

Und was wollen die Kunden? Woran schmieden die Versicherer?  Ungebremst – und hier herrscht Einigkeit – ist der Trend zu reinen Fondspolicen für die private Altersvorsorge. Man beobachte das im eigenen Haus und auch am gesamten Markt.  Auch hier können Kunden von der Garantiezinserhöhung profitieren, denn die Erhöhung des garantierten Rentenfaktors führt dann in der Rentenbezugsphase, die auch bei reinen Fondspolicen ohne Garantien klassisch gestaltet ist, zu höheren Renten. Die Bayerische hofft, dass dies hilft, mehr Kunden von der Notwendigkeit zu überzeugen, das Langlebigkeitsrisikos abzusichern. In der Ansparphase solle der höhere Rechnungszins eher dafür genutzt werden, bei gleicher Garantie die Investitionsquoten zu erhöhen statt der Garantie. Michael Martin ergänzt: „Mit der Anhebung des Höchstrechnungszinses werden Garantien beziehungsweise Hybridprodukte zwar wieder etwas attraktiver, dennoch rechnen wir nicht mit einer Umkehr des Trends hin zu reinen Fondspolicen ohne Garantien“.

Auch der Volkswohl Bund werde einen höheren garantierten Rentenfaktor anbieten. Jedoch sei die Nachfrage nach Fondspolicen mit und ohne Garantien schon vor der angekündigten Zinserhöhung sehr hoch gewesen. Man habe – je nach Tarif – im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich mit dem Halbjahresgeschäft 2023 bereits Steigerungen über 40 und bis hin zu 60 Prozent verzeichnet, mit Schwerpunkt auf fondsgebundenen Renten ohne Garantien.

Die Alte Leipziger erhöht für das Neugeschäft ab 2025 sowohl den garantierten als auch den aktuellen Rentenfaktor der Fondspolicen. Je nach Tarif und Vertragskonstellation gehe man von Erhöhungen um voraussichtlich zehn bis 15 Prozent aus, heißt es. Von der Erhöhung des aktuellen Rentenfaktors profitierten auch Bestandskunden mit entsprechender Regelung für die Verrentung. Man erwarte, dass die Beliebtheit von Hybridprodukten als Alternative zu klassischen Produkten weiter zunehmen werde, denn die Kunden erhielten auf Wunsch immer noch eine hohe Beitragsgarantie, meist 80 Prozent, und profitierten durch eine zusätzliche Fondsanlage von den Ertragschancen der Kapitalmärkte.

Durch den neuen Höchstrechnungszins könnten Versicherer bei diesen Produkten entweder mehr Kapital in die Fondsanlage geben und damit höhere Renditen für ihre Kunden erzielen, oder das Garantiekapital zu Rentenbeginn erhöhen und die gewählte Beitragsaufteilung zwischen Sicherungsvermögen und Fondsanlage beibehalten. Trotz deutlich gewachsener Nachfrage in den letzten Jahren werde sich der Trend zu Hybridprodukten aber nicht signifikant verstärken.

Wie auch im Markt nehme die Nachfrage nach reinen Fondspolicen ohne Garantien immer weiter zu und liege auch deutlich über der nach Hybridprodukten.  Die Zinserhöhung werde diese Nachfrage aber nicht spürbar steigern, da die Auswirkungen hier ja lediglich den Rentenfaktor beträfen. „Reine Fondspolicen werden aufgrund von Steuervorteilen, lebenslanger Verrentungsmöglichkeit und geringer Kosten, insbesondere durch das Angebot kostenloser ETFs in Fondspolicen, zunehmend als Alternative zum Fondsdepot gesehen”, so Produktmanager Martin.

Dr. Michael Martin, Die Bayerische

Bei der WWK dominiert derzeit das Thema Rechnungszins die Produktentwicklung bei Fondspolicen. Obwohl sich die WWK bei den garantierten Rentenfaktoren bereits in der Vergangenheit als einer der besten Anbieter im Markt sehe, würden die garantierten Rentenfaktoren bei Fondspolicen spürbar ansteigen. Bei Hybridprodukten sei der Rechnungszins meist für die Darstellung der Garantie wichtig. Steige er, könne man noch stärker in freie Fonds investieren und die Beteiligung an den Kapitalmarktchancen nehme zu. Eine Beitragsgarantie von 100 Prozent sei wieder darstellbar, in der bAV die „Beitragszusage mit Mindestleistung“.

Die Stuttgarter habe in den vergangenen Jahren einen starken Trend hin zu Hybridprodukten und zunehmend auch reinen Fondsprodukten beobachtet. Dieser Trend zeige das gestiegene Risikobewusstsein der Kunden, die die Bedeutung einer substanzwertorientierten Altersvorsorge immer mehr erkennen würden. Basisgarantien blieben oft wichtig, aber hohe Garantien würden zunehmend weniger nachgefragt und man erwarte nicht, dass sich dieser Trend wegen der Zinsänderung ändern werde. Eventuell könne es bei der bAV eine Nachfragesteigerung für Hybridprodukte mit 100 % Garantie geben.

Die HDI biete mit „SafeInvest“ eine bAV-Lösung mit den erforderlichen Garantien und Renditechancen sowie mit „CleverInvest” eine moderne Fondspolice, bei der Kunden auch im Rentenbezug in Aktien investierten könnten und so weiterhin von den Renditechancen der Finanzmärkte profitierten. „Nachahmung ist bekanntlich das schönste Kompliment und so beobachten wir die Versuche unserer Mitbewerber, dieses besondere Produktmerkmal in ihre Fondspolice zu integrieren”, sagt Lüer. Vor allem junge Kunden fragten „CleverInvest“ zunehmend nach. 2023 habe das Neugeschäft mit fondsgebundenen Lebensversicherungen um 26,6 Prozent zugelegt. Einen stärkeren Trend zu Hybridprodukten beobachte HDI bei der bAV, insbesondere bei jüngeren Arbeitnehmern.

Weigelt von Swiss Life sekundiert: „Besonders in einem Umfeld, in dem die Zinsen langfristig weiterhin auf einem niedrigen Niveau verharren können, bieten Fondspolicen durch ihre Flexibilität und die vielfältigen Anlagemöglichkeiten interessante Perspektiven für die Vorsorgeplanung“. Man habe bereits seit 2017 einen fondsgebundenen Rentenbezug. Außerdem biete Swiss Life neben einigen wenigen weiteren Anbietern Zugang zu nicht börsennotierten Infrastrukturanlagen über eine Altersvorsorgelösung.

Seite 2: Warum es ratsam ist, weiter auf Produkte mit höheren Renditechancen zu setzen

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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