Manuel Lang, Experte zum Thema beim IVFP, sagt: „Es bleibt zu hoffen, dass es keine verstärkte Nachfrage nach Klassikprodukten oder Hybridprodukten, sprich Fondspolicen mit hoher Garantiekomponente, geben wird. Es ist ratsam, weiterhin auf Produkte mit höheren Renditechancen zu setzen, sofern das Chance-Risikoprofil des Kunden eine solche Anlage natürlich zulässt”. Klare Ansage.
Lang führt aus, dass die Auswirkung der Zinserhöhung eine Neukalkulation aller Tarife erfordere, allerdings spiele bei klassischen Lebensversicherungen die Erhöhung eigentlich kaum eine Rolle. Lediglich die garantierten Ablaufleistungen stiegen etwas. Dies könne aber tatsächlich dazu führen, dass das Produkt wieder mehr nachgefragt werde. Allerdings sei das nicht sinnhaft, denn mit den Garantiewerten würde in aller Regel noch nicht einmal ein Inflationsausgleich erreicht werden.
Auch die Zahlen aus der Vergangenheit sprächen für sich: eine Ende letzten Jahres durchgeführte Umfrage des IVFP bei Maklern habe ergeben, dass Fondspolicen ohne Garantiekomponente von 36 Prozent der Makler mehrmals pro Monat und von 41 Prozent ein bis dreimal pro Monat beraten würden. Dagegen würden Fondspolicen mit Garantiekomponente von lediglich 24 Prozent der Makler mehrmals pro Monat und ebenfalls von 24 Prozent ein bis dreimal pro Monat beraten. Wer auf Renditechancen verzichte und eine Garantiekomponente einschließe, werde in der Tat leicht profitieren, da die Garantiekomponente „günstiger“ werde, indem mehr Teile des Beitrags in die freie Fondsanlage fließen könnten. Was Riester beträfe, sei kalkulatorisch nach der Garantiezinserhöhung die verpflichtende Bruttobeitragsgarantie wieder für die meisten Versicherer darstellbar. Einige Lebensversicherer hätten auch bereits angekündigt, das Produkt wieder einzuführen.
Kommt die Trendwende bei Riester?
Auch Morgen & Morgen hält aus diesen Gründen eine Trendwende bei Riester für möglich. Laut M&M kann die Zinserhöhung das Interesse an klassischen Produkten für die private Altersvorsorge deutlich erhöhen. Wenn der höhere Höchstrechnungszins einen Anstieg des Garantiezinses bewirke, beeinflusse dies das Chancen-Risikoprofil von kapitalbildenden Lebensversicherungen über das Sicherungsvermögen positiv.
Die Mindestrendite bei klassischen Rentenversicherungen wachse. Besonders in ungünstigen Kapitalmarktsituationen erziele man höhere Renditen, da der Garantiezins stets mindestens gewährt werden müsse. Somit böten klassische Produkte attraktivere garantierte Leistungen, was sie besonders für sicherheitsbewusste Anleger interessant mache, denn langfristige Planungssicherheit und eine verlässliche Rendite könnten in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten von großem Vorteil sein, betont das Analysehaus.
Der Anstieg des Garantiezinses erhöhe auch den garantierten Rentenfaktor, was zu höheren garantierten Rentenleistungen führe. In den letzten Jahren hätten die Versicherer durch die Niedrigzinsphase das Geschäft mit der Klassik jedoch stark reduziert zugunsten von Fondspolicen, die höhere Renditen ermöglichten. Dies spiegle sich auch in der wachsenden Zahl von Neukunden wider, die für potenziell höhere Erträge auf Garantien verzichteten. Dennoch bleibe die Nachfrage nach sicheren, garantierten Anlagen bestehen. Versicherer könnten diese Gelegenheit nutzen, um ihre klassischen Angebote neu zu positionieren und das Vertrauen der Anleger in garantierte Rentenprodukte zu stärken.
Bei Hybridprodukten sei die vollständige Beitragsgarantie wieder möglich. Der Markt werde entscheiden, ob bei vergleichbarem Absicherungsniveau eine höhere Garantie oder eine höhere mittlere Fondsquote bevorzugt werde. Zusammenfassend sagt Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik & Rating bei Morgen & Morgen: „Es ist möglich, dass sicherheitsorientierte Anleger in Deutschland vermehrt Klassikprodukte nachfragen, da diese höhere Garantiezinsen bieten. Eine Schwächung der Nachfrage nach Fondspolicen ohne Garantie ist jedoch nicht zu erwarten. Gleichzeitig könnte der Trend zu Hybridprodukten zunehmen, da diese eine Kombination aus Garantien und flexiblen Anlagemöglichkeiten bieten und somit eine ausgewogene Lösung für unterschiedliche Risiko- und Renditeerwartungen darstellen“.
Umstellung auf neue Bedingungen
Laut Lang und Saal bieten einige Versicherer ihren Kunden an, ihre Verträge noch in diesem Jahr auf die neuen Bedingungen umzustellen. Was sagt die Branche zum Thema Altersvorsorge dazu? Die Bayerische stellt alle seit 1. Januar 2024 geschlossenen Verträge der privaten Altersvorsorge und der bAV zum 1. Januar 2025 automatisch um. Die Alte Leipziger prüft alle ab 1. Juni 2024 geschlossenen Verträge über alle Schichten. Profitiere der Kunde, erhalte er ein Angebot, bei Zustimmung werde umgestellt, so der Versicherer. Stichtag der anderen Versicherer ist der 1. Juli 2024. Die HDI stellt alle Altersvorsorgeprodukte um; bei der Basisrente prüfe man ab 1. Januar 2025, ob die Verträge in einen Tarif mit höherer Leistung umgetauscht werden könnten.
Der Volkswohl Bund will bei aufgeschobenen Rentenversicherungen der dritten Schicht und der bAV den garantierten Rentenfaktor automatisch zum 1. Apri 2025 erhöhen. Und Swiss Life wird nach im ersten Halbjahr 2025 prüfen, ob sich bei den Altersvorsorgeprodukten ein höherer Rentenfaktor ergebe. Wenn ja, werde dieser automatisch in einem Nachtrag berücksichtigt. Sei das nicht möglich, unterbreite man ein Alternativangebot.
Und die WWK: Sie biete in 2025 den Kunden in allen Vorsorgeschichten eine „Upgrade-Option“. „Unser Ziel ist es zudem, unseren Vertriebspartnern neben Riester auch andere fondsgebundene Tarife frühzeitig, also noch in 2024, an die Hand zu geben. Daran arbeiten wir mit Hochdruck“, so Heß.
Die Autorin Silvia Fischer ist Diplom-Betriebswirtin und Journalistin (FJS)