Wer sich fragt, wie wichtig private Altersvorsorge ist, sollte sich zuvor fragen, wie groß sein Vertrauen in das gesetzliche Rentensystem (noch) ist. Spannend ist in diesem Zusammenhang das Ergebnis einer Umfrage, die Canada Life Deutschland Ende Januar 2025 anlässlich der Bundestagswahl durchführen ließ. Demnach sehen die meisten Menschen in Deutschland die Verantwortung für die Rente inzwischen nicht mehr beim Staat, sondern bei sich selbst.
2021 sah das Ergebnis noch anders aus – seinerzeit sahen die Menschen mehrheitlich den Staat in der Hauptverantwortung für die Rente. Der Meinungsumschwung erklärt Canada Life mit dem schwindenden Vertrauen der Bürger in die Reformfähigkeit der politisch Verantwortlichen: So glauben, zeigt die Umfrage, rund drei Viertel der Befragten inzwischen nicht mehr, dass die Politik zu einer echten Rentenreform fähig ist. Ein Armutszeugnis.
Laut dem Alterssicherungsbericht 2024 beträgt die durchschnittliche Rente von Frauen 822 Euro, Männer erhalten 1.319 Euro. Die Rentenlücke hat sich in den letzten Jahren weiter vergrößert, da Männer höhere Rentensteigerungen erfahren als Frauen. Anbetracht der massiven Inflation bei Lebensmitteln, der Energieversorgung, aber auch den deutlichen Mietsteigerungen in den vergangenen Jahren dürfte die gesetzliche Rente allein zum Leben inzwischen aber kaum noch ausreichen.
„Die aktuellen Herausforderungen sollten die dringende Notwendigkeit der privaten Altersvorsorge nochmals hervorheben“, sagt denn auch Alexander Kraftschik, Leiter des Geschäftsfeldes Altersvorsorge bei der BarmeniaGothaer Lebensversicherung. Vor dem Hintergrund der weiter sinkenden gesetzlichen Rente sei es essenziell, die Rentenlücke durch private Altersvorsorge zu schließen. „Wir beobachten eine verstärkte Nachfrage nach Lösungen, die Flexibilität und Renditechancen kombinieren.“

Auch die Alte Leipziger Lebensversicherung verzeichnet in der privaten Altersvorsorge einen starken Zulauf bei Fondspolicen – trotz wirtschaftlicher und geopolitischer Unsicherheiten. Laut Christian Häsch, Vertriebsleiter der Gesellschaft, konnte das Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr erneut eine Steigerung der laufenden Neugeschäftsbeiträge erzielen. „Fondspolicen machten wieder den mit Abstand größten Anteil des Neugeschäfts in der privaten Altersvorsorge aus“, sagt Häsch. Wie Kraftschik betont auch Häsch die wachsende Bedeutung der privaten Altersvorsorge: „Eine zusätzliche Altersvorsorge ist angesichts der Schwächen im gesetzlichen Rentensystem unverzichtbar geworden, das haben die meisten Menschen mittlerweile erkannt. Mit Fondspolicen können Sie die Renditechancen der Kapitalmärkte nutzen und von den Vorzügen des Versicherungsmantels profitieren.“
Nach einer aktuellen Umfrage des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung, IVFP, werden derzeit Fondspolicen ohne Garantien mit Abstand am häufigsten beraten. „Es zeigt sich ein deutlicher Trend hin zu Fondspolicen ohne Garantien, die aufgrund ihrer Flexibilität und höheren Renditechancen immer beliebter werden“, sagt Professor Michael Hauer, Geschäftsführer des IVFP. Daran ändere auch die Erhöhung des Höchstrechnungszinses von 0,25 auf ein Prozent zum 1. Januar 2025 nichts. „Mehr als 40 Prozent der befragten Makler gaben an, dass sich trotz der Rechnungszinserhöhung der Trend hin zu Policen ohne Garantien fortsetzen wird“, sagt Hauer.
Ähnliche Erfahrungen macht die Stuttgarter. Garantien würden nur dort eingesetzt, wo diese benötigt werden oder erforderlich sind, etwa in der betrieblichen Altersversorgung. Der Trend zur Fondspolice ohne Garantie sei ungebrochen. „Wir erleben insbesondere bei jüngeren Kundinnen und Kunden eine deutliche Nachfrage nach fondsgebundenen Lebensversicherungen ohne Garantie“, bestätigt auch Michael Schwarz, Leiter Absicherung und Vorsorge bei MLP. Bei kürzeren Laufzeiten oder der Wahl eines zweiten oder dritten Bausteins für die Altersvorsorge würden hingegen gerne Hybridprodukte ergänzt.
An ein Umschwenken auf Fondspolicen ohne Garantien glaubt Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik und Rating bei Morgen & Morgen, hingegen nicht. „Ein genereller Trend hin zu reinen Fondslösungen ohne jegliche Garantien ist nicht erkennbar – vielmehr bleiben Garantieelemente weiterhin gefragt.“ „Kunden fühlen sich schon noch wohler, wenn eine Police zumindest ein wenig Garantie verspricht – und sei es nur eine reine Beitragsgarantie. Wir sind ein Volk von Bausparern, die jahrzehntelang nur Ertrag durch Zinsen angestrebt haben“, unterstreicht Vema-Vorstand Dr. Johannes Neder. Das Verständnis und das gute Bauchgefühl bei Ertrag durch Kurssteigerung müssten sich erst noch weiterentwickeln. Das gelte auch für das Verständnis, dass Garantien kalkulatorisch Ertrag kosten müssen. Generell wachse aber die Gruppe der Kunden, die zu Fondspolicen ohne Garantien greife – zumindest als ein Baustein des persönlichen Altersvorsorgemixes. „Hier wirken die vielen Jahre guter Beratung der Branche aber bereits spürbar“, sagt Neder.
Was man zudem beobachte, sei, dass sich Kunden eine weitere Flexibilisierung in Bezug auf die Gestaltungsmöglichkeiten wünschen, so Neder. Flexibilität wird – ähnlich wie in der Berufsunfähigkeitsversicherung – auch in der fondsgebundenen Altersvorsorge ein neuer Trend. „Sowohl während der Vertragslaufzeit zum Beispiel durch Anpassung des Garantieniveaus oder vorzeitige Entnahmen als auch während der Rentenphase etwa durch Aufschieben des Rentenbeginns oder Nutzung von Auszahlplänen“, sagt Schwarz.
Der Wunsch nach Flexibilität hat nach Aussage von Häsch in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Sei es bei Beitragszahlungen, Fondsauswahl oder Renteneintritt. Vor dem Hintergrund bietet der Versicherer seit 2024 eine fondsbasierte Auszahlungsphase an. Dabei kann der vereinbarte Rentenbeginn bis zum Alter von 90 Jahren verschoben werden. „Bis dahin bleibt das Guthaben der Kunden weiter in die ausgewählten Fonds investiert. „Für eine lebenslange Rente ist insbesondere das Thema Flexibilität in der Zeit der Rentenauszahlung von größter Bedeutung“, bestätigt auch Sebastian Weigelt, Leiter Intermediärvertrieb bei Swiss Life Deutschland. Der echte fondsgebundene Rentenbezug helfe Kundinnen und Kunden dabei, auch im Ruhestand von den Renditechancen der Kapitalmärkte zu profitieren, da das Verrentungsguthaben weiterhin in Fonds investiert bleibe. „Dabei gilt es, eine möglichst hohe Gesamtrente zu erreichen“, sagt Weigelt.
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