„Die US-Notenbank hat zweifelsohne aus ihren Fehlern der Vergangenheit gelernt. In der Coronapandemie hatte sie es versäumt, auf die sehr laxe US-Fiskalpolitik geldpolitisch zu antworten. Jetzt korrigiert sie das mit dem wohl straffsten geldpolitischen Anpassungskurs seit mehr als 30 Jahren.
Die heutige Anhebung der US-Leitzinsen um 0,50 Prozentpunkte war keine Überraschung, auch die Ankündigung einer Verkürzung der US-Notenbankbilanz nicht. Der geldpolitische Ausblick der Fed entsprach ebenfalls weitestgehend den Erwartungen. Die Leitzinsen werden in den kommenden Monaten weiter steigen, wahrscheinlich zunächst um jeweils 50 Basispunkte. Der starke Anstieg des US-Lohnkostenindex auf das höchste Niveau seit mehr als 20 Jahren ist dabei das stärkste Argument.
Wo liegen die Risiken? Die US-Inflation könnte in den kommenden Monaten wider Erwarten weiter ansteigen und die US-Leitzinserwartungen noch stärker nach oben katapultieren. Denn kurzfristig sieht es nicht nach einem Ende des Kriegs in der Ukraine aus, eine immer stärkere Sanktionierung russischer Energie ist also wahrscheinlich. Zudem könnte sich der anhaltende Lockdown in Peking auf andere chinesische Großregionen ausweiten, was die Lieferengpässe in der westlichen Welt massiv verschärfen würde.
Der Fed könnte es also gelingen, trotz hoher Inflationsraten zumindest die Inflationserwartungen wieder rasch in den Griff bekommen. Wenn der mittelfristige Preis-Ausblick eine Besserung verspricht, ist das für die Kapitalmärkte eine gute Nachricht. Erst im ersten Halbjahr 2023 dürfte sich dann zeigen, ob die US-Konjunktur durch diese Maßnahmen vollends abgewürgt wird.
Insgesamt hat die aktuelle Notenbankpolitik der Fed zur Bekämpfung des Preisauftriebs sehr gute Noten verdient. Die EZB sollte sich daran ein Beispiel nehmen: Frau Lagarde, so geht das!“