Frauen im Finanzvertrieb: Wenn Thomas endlich Platz macht

Auch MLP kündigte unlängst zusätzliche Frauenpower im bisher ebenfalls mit drei Männern besetzten Vorstand der Holding MLP SE an, wenn auch mit etwas zeitlichem Vorlauf: Angelika Zinkgräf soll perspektivisch die Verantwortung für das neue Vorstandsressort Personal, Compliance und Revision übernehmen.

Die Ernennung zur Vorständin der Holding ist wegen regulatorischer Vorschriften allerdings erst zum Ende des Jahres 2025 geplant. Zum 1. September 2024 wurde ihr zunächst die Generalvollmacht für Personal übertragen. In der MLP Finanzberatung SE als größter Gruppengesellschaft, also beim aktiven Geschäft des Finanzvertriebs, übernimmt zudem Miriam Michelsen zum 1. Januar 2025 als Vorständin das Ressort Produkte und Services.

Auch die BfV Bank für Vermögen, Tochter des Allfinanzvertriebs BCA, hat mit Kristina Berggreen kürzlich eine Vorständin ernannt. Sie verantwortet das Ressort Compliance.

„Auch ökonomisch sinnvoll“

Welche Motive bei JDC, MLP und BCA/BfV für die Personalauswahl im Einzelnen ausschlaggebend waren, ist nicht bekannt. Generell stellt Katrin Löhr fest: „Insgesamt haben viele Finanzunternehmen erkannt, dass die Förderung von Frauen und die Erhöhung des Frauenanteils nicht nur ethisch geboten, sondern auch ökonomisch sinnvoll ist. Diese Maßnahmen haben bereits zu Fortschritten geführt, auch wenn noch viel Potenzial für weitere Verbesserungen besteht“.

Jaqueline Stamos, Valuniq: „Selbstständigkeit ist für Frauen schwieriger.“ / Foto: Valunique

Zu den Finanzvertrieben, bei denen die Förderung von Frauen nach eigenen Angaben einen hohen Stellenwert hat, zählt Valuniq. Dort gibt es eine Interessengruppe aus 13 Frauen, die gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden Jörg Kintzel an der Stärkung der Frauen in der Branche arbeiten. Die Gruppe entstand aus eigener Initiative, sie wird jedoch aktiv durch den Vorstand unterstützt, indem sie einen festen Sitz im Managementboard erhalten hat, berichtet das Unternehmen. „Es wäre schön, wenn die Branche vielfältiger wird“, sagt Jaqueline Stamos, Mitglied dieses Managementboards.

Dabei sei die Finanzbranche nicht von Natur aus männerdominiert. Aber: „Das Thema Selbstständigkeit ist für Frauen schwieriger. Bei Banken ist der Frauenanteil im Vergleich deutlich höher“, so Jaqueline Stamos. Dies führt sie darauf zurück, dass dort Festanstellungen üblicher seien, was das Sicherheitsbedürfnis besser befriedige.

Auch künftige Kundinnen im Blick

Doch bei Valuniq geht es nicht nur um Beraterinnen. Vorstand Kintzel will „durch größere Sichtbarkeit von Frauen eine Sogwirkung erzeugen“, auch mit Blick auf künftige Kundinnen. Erfolgreiche Frauen benötigten demnach auch eine professionelle Finanzberatung. Wichtig ist laut Jaqueline Stamos, dass allen Frauen klar ist: „Ich kann genauso sein, wie ich will, und habe damit Erfolg.“

Nicht alle Unternehmen allerdings halten dafür eine spezielle Förderung von Frauen für erforderlich, etwa die Fonds Finanz, die einen Frauenanteil unter den Vertriebspartnern von aktuell rund 13 Prozent verzeichnet. „Die Fonds Finanz bietet derzeit keine speziellen Programme für Frauen an, wobei wir immer wieder Netzwerkveranstaltungen für Frauen durchführen beziehungsweise einen Rahmen dafür zur Verfügung stellen“, berichtet Geschäftsführerin Christine Schönteich.

„Kein besonderer Förderbedarf für Frauen“

„Wir denken jedoch nicht, dass Frauen besonderen Förderbedarf haben. Wir unterstützen alle beim Einstieg in unsere Branche so gut wir können, ganz unabhängig von Geschlecht, Alter oder Herkunft“, betont Schönteich. Sie sehe aber insbesondere unter den Vertriebspartnerinnen „viele spannende Geschäftsmodelle und tolle Persönlichkeiten“, die kürzlich auch im Rahmen einer Social Media Kampagne sichtbar gemacht worden seien.

„Damit möchten wir Interessierte für die freie Maklertätigkeit gewinnen und zu einem Einstieg ermutigen – gerne mehr Frauen, aber genauso Männer“, so die Fonds-Finanz-Chefin, die auch die Stärken von Frauen betont. Diese bringen viel Leidenschaft für ihre Arbeit mit und sind sehr kreativ zum Beispiel bei der Kundenansprache, sagt sie. Außerdem spezialisierten sich viele Vermittlerinnen lieber und konzentrierten sich auf ganz bestimmte Zielgruppen.

„Für mich sind Kompetenz und Leidenschaft für den Maklerberuf die wichtigsten Voraussetzungen, um alle Kundengruppen bestmöglich zu beraten und als Vermittler erfolgreich zu sein – und das kann jeder mitbringen“, betont Christine Schönteich. „Das war auch in meiner eigenen Karriere so: Es hat für meinen Berufsweg in der Versicherungsbranche weder eine nachteilige noch eine vorteilhafte Rolle gespielt, dass ich eine Frau bin“, fügt sie hinzu.

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