Dabei unterscheiden sich die Prioritäten und Zielsetzungen von Vermittlerinnen im Vergleich zu Vermittlern durchaus etwas, wie eine Auswertung aus dem AfW-Vermittlerbarometer belegt (auch wenn sie vor allem auf Frauenseite bei den einzelnen Punkten teils auf einer nur geringen Zahl an Antworten basiert). Zwar gehen die Antworten überwiegend in die ähnliche Richtung, aber es gibt auch Unterschiede: Frauen nutzen demnach etwas öfter täglich ein KI-Tool als Männer (27,8 zu 18,6 Prozent), finden mit größerer Mehrheit, dass es derzeit nicht genügend vertriebsfähige geschlossene Sachwertinvestments für Privatanleger gibt (72,2 zu 48,4 Prozent) und wählen seltener AfD (15,7 zu 21,7 Prozent).
Deutlich unterschiedlich sind auch die Antworten zur zukünftigen Geschäftsplanung. Demnach planen lediglich 16,7 Prozent der Frauen, die auf diese Frage geantwortet haben, einen Ausbau des Geschäfts. Bei den Männern sind es fast doppelt so viele: 30,7 Prozent. Demgegenüber wollen zwei Drittel der Frauen (66,7 Prozent) das Geschäft auf derzeitigem Niveau belassen. Von den Männern gibt sich nur die Hälfte (49,6 Prozent) mit dem aktuellen Niveau zufrieden.
Das könnte den Schluss zulassen, dass Frauen im Schnitt weniger ehrgeizig sind als Männer – oder dass sie zufriedener mit dem Erreichten sind, vielleicht auch deshalb, weil sie eben mehr erreicht haben. Am Alter jedenfalls liegt der Unterschied wahrscheinlich nicht: Die Frauen, die sich an der AfW-Umfrage beteiligt haben, sind im Schnitt mit 52,7 Jahren lediglich ein Jahr jünger als die Männer (53,7 Jahre). Das wiederum lässt nicht unbedingt darauf schließen, dass junge Maklerinnen derzeit en masse in die Branche drängen.
Selbstvertrauen nicht immer ausreichend
Wie also können Frauen den Einstieg finden und erfolgreich sein? „Frauen sollten sich nie schon im Vorhinein aus dem Rennen nehmen oder eine Branche außer Acht lassen, nur weil diese eher männerdominiert ist. Das gilt auch für das Versicherungs- und Finanzwesen. Im Gegenteil wünsche ich mir, dass sie ihre Karriere mutig angehen und auf ihre eigene Kompetenz vertrauen. Vermittlerinnen, die selbstbewusst und zielstrebig sind und Herausforderungen mit einer positiven Grundeinstellung angehen, werden sich im Finanzvertrieb gut behaupten können,“ betont Christine Schönteich.
Dieses Selbstvertrauen indes ist anscheinend nicht immer ausreichend ausgeprägt. „Viele Frauen schätzen ihr Finanzwissen als unzureichend ein und fühlen sich finanziell unsicher. Dabei zeigen Studien, dass Frauen beispielsweise bei der Geldanlage oft erfolgreicher sind als Männer“, sagt Katrin Löhr. „Aus meiner Erfahrung im Bereich der Finanzbildung weiß ich auch, dass Frauen sich häufig eine Finanzberaterin wünschen, da sie sich dann besser verstanden fühlen.“
Überdurchschnittlich oft könnte das beim Branchenprimus DVAG klappen. Das Unternehmen verfügt nach eigenen Angaben über einen Frauenanteil bei den hauptberuflichen Vermögensberaterinnen und Vermögensberatern von derzeit knapp 25 Prozent. Der Anteil der Vermögensberaterinnen nehme seit Jahren zu. Im Geschäftsjahr 2023 starteten demnach 495 Frauen hauptberuflich bei der DVAG – Tendenz steigend.
„Women for Future“-Kongress der DVAG
Das Unternehmen fördert dies unter anderem durch die Schaffung von Netzwerken, die Bereitstellung von Weiterbildungsmöglichkeiten, die Förderung von Mentorinnenprogrammen sowie regionale und überregionale Veranstaltungen und Online-Formate, bei denen sich die Vermögensberaterinnen untereinander austauschen. Dazu zählt der „Women for Future“-Kongress, bei dem zuletzt im Mai 2024 über 400 Vermögensberaterinnen zusammenkamen.
„Die DVAG bietet allen die gleichen Karriere- und Vergütungschancen“, betont Robert Peil, Mitglied des Vorstandes bei der DVAG. „Unser Ziel ist es, Frauen in der Finanzbranche zu ermutigen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen! Wir glauben fest daran, dass durch die Förderung von Netzwerken und den Austausch von Erfahrungen Frauen in der Finanzwelt gestärkt werden können“, sagt er.
Der neunköpfige Vorstand der DVAG allerdings besteht ausschließlich aus Männern. Das leitet über zu einem letzten Punkt, und zwar in eigener Sache. Falls Sie sich wundern oder gar darüber ärgern, dass hier ausgerechnet ein Mann, der überdies zur „Thomas“-Generation gehört, über dieses Thema schreibt: Auch die Cash.-Redaktion hat diesbezüglich zurzeit, sagen wir vorsichtig, eine gewisse Schieflage.
Dieser Artikel stammt aus der Cash.-Ausgabe 10/2024.