Wie das Altersvorsorgedepot ein Erfolg werden kann

Christian Lindner
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Christian Lindner (FDP)

EXKLUSIV Fünf Erfolgsfaktoren für die Einführung eines Altersvorsorgedepots in Deutschland. Gastbeitrag von Alexander Bahr, Deutsche Wertpapierservice Bank, und Dr. Norbert Kuhn, Deutsches Aktieninstitut

Die Bundesregierung unternimmt mit dem Rentenpaket II endlich erste Schritte für eine Reform der gesetzlichen Rentenversicherung, um die Stabilität der Rente nach 2025 zu sichern. Mit dem Generationenkapital sollen in der ersten Säule der Altersvorsorge auch die Chancen auf attraktive Renditen am Kapitalmarkt genutzt werden. Trotz der aktuellen Reformbestrebungen braucht es mehr Eigeninitiative jedes Einzelnen. Laut der HDI-Rentner-Studie haben sich bisher 64 Prozent der Befragten zu sehr auf die staatliche Säule verlassen. 38 Prozent sehen sich mit Einschränkungen bei ihrem bisherigen Lebensstandard konfrontiert. Der Großteil der Rentnerinnen und Rentner, die neben der gesetzlichen Rente vorgesorgt haben, hat dafür die betriebliche Altersvorsorge genutzt. Nur ein Viertel hat sich dagegen über eine private Vorsorge an den Kapitalmarkt getraut. Hier liegt viel Potenzial. Das zeigt der Blick ins Ausland.


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Bisherige Modelle der geförderten privaten Vorsorge wie die Riester-Rente stehen zunehmend in der Kritik, auch wenn insbesondere Geringverdiener von einer großzügigen Förderung profitieren. Aber gerade in den unteren Einkommensgruppen wird die Riester-Rente wenig genutzt. Das Konzept ist kompliziert und ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger wissen nicht, dass sie förderberechtigt sind. Zudem kostet der starke Fokus auf Garantieversprechen Geld. In der Niedrigzinsphase konnten die Anbieter kaum noch in Aktien investieren, was zu Lasten der Rendite ging. Das Fazit: Die Zahl der Verträge ist seit 2018 rückläufig und beträgt aktuell 15,5 Millionen, ein Großteil der Verträge wird nicht mehr bespart und viele Anbieter haben ihr Neugeschäft eingestellt.

Diese Lücke im privaten Alterssicherungssystem gilt es zu schließen. Daher hat die Bundesregierung am Anfang ihrer Legislaturperiode eine grundlegende Reform der geförderten privaten Altersvorsorge in Aussicht gestellt. Die daraufhin eingesetzte „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ hat 2023 in ihrem Abschlussbericht ein Altersvorsorgedepots vorgeschlagen.  

Diese Art von Wertpapierdepot für die Rente, mit dem man staatlich gefördert für das Alter vorsorgen kann, ist in anderen Ländern wie den USA, Australien, Kanada, Irland und Frankreich bereits erfolgreich etabliert – mit hoher Akzeptanz in der Bevölkerung. In Frankreich wurde der sogenannte „Plan d’Épargne Retraite“ erst 2019 eingeführt, wird aber schon jetzt von mehr als zehn Millionen Menschen genutzt. Auch in den USA hat jeder dritte Haushalt einen oder mehrere Individual Retirement Accounts (IRA). Das in den US-Altersvorsorgedepots angesparte Vermögen macht mehr als ein Drittel des gesamten US-Altersvorsorgevermögens aus. Auf Basis unserer Studie „Altersvorsorgedepots: Erfolgreiche Modelle der Alterssicherung im internationalen Vergleich. Wie andere Länder mehr in der Altersvorsorge erreichen“ lassen sich folgende fünf Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Einführung des Altersvorsorgedepots in Deutschland ableiten.

Erster Erfolgsfaktor: Hohe Aktienquote bei Garantieverzicht

Auch wenn jedes der untersuchten Länder die Depots unterschiedlich gestaltet, gibt es wesentliche Gemeinsamkeiten. Eine hohe Aktienquote ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für eine ertragreichere Altersvorsorge. Diese liegt in den USA bei durchschnittlich 65 Prozent, hauptsächlich durch Aktienfonds, in Frankreich bei 55 Prozent und in Australien bei 49 Prozent. Dies funktioniert aber nur, weil gleichzeitig auf eine Kapitalgarantie verzichtet wird. Garantieprodukte stehen zwar zur Auswahl, aber es zeigt sich, dass 95 Prozent der australischen Sparerinnen und Sparer aus gutem Grund garantiefreie Produkte präferieren.

Um die Aktienanlage in Deutschland in der privaten Altersvorsorge zu fördern, sollte zudem eine Mindestaktienquote von 60 Prozent Voraussetzung sein. Diese 60 Prozent finden sich auch in etablierten Sparformen wie den Vermögenswirksamen Leistungen (VL) wieder. Kritische Stimmen behaupten, dass man hier mit dem Ersparten der Bürgerinnen und Bürger zockt. Das ist aber grundverkehrt. Bei Anlagenhorizonten von 20 Jahren und mehr ist eine breit gestreute Aktienanlage das ideale Instrument, weil durchschnittliche Renditen von sechs bis zehn Prozent pro Jahr erwirtschaftet werden können. Mit dem Liebling vieler Deutschen, dem Festgeld, ist dieser Ertrag nicht zu erwirtschaften. Das Beispiel Australien zeigt: Die dortigen Altersvorsorgedepots konnten mit Aktien von 2004 bis 2023 im Durchschnitt eine jährliche Rendite von 7,1 Prozent erwirtschaften. Zudem gleichen der lange Zeithorizont und eine breite Streuung mögliche Verluste aus, wie die Rendite-Dreiecke des Deutschen Aktieninstituts zeigen.

Zweiter Erfolgsfaktor: Unbürokratischer Marktzutritt

Damit das Altersvorsorgedepot von einer breiten Bevölkerungsschicht angenommen und genutzt wird, brauchen die Bürgerinnen und Bürger ein vielfältiges Angebot an Assetklassen (Aktien, Anleihen, Immobilien, nichtbörsennotierte Beteiligungen, Rohstoffen), das ihre Bedürfnisse adressiert, und aus dem sie frei wählen und einfach wechseln können. Der dadurch geschaffene Wettbewerb führt auch zu angemessenen Kosten.

Zusätzliche Regularien für das Angebot im Altersvorsorgedepots sind daher nicht notwendig. Ganz im Gegenteil: Unter Riester war die Pflicht für die Anbieter, jedes Vertragsangebot einzeln zertifizieren zu lassen, für Preise, Angebotsspektrum und Diversifikation kontraproduktiv. Auch hinsichtlich des Anlegerschutzes besteht kein Grund für eine weitere Regulierung, wenn das Angebot durch Finanzinstitute wie Banken, Versicherungsgesellschaften oder Kapitalverwaltungsgesellschaften erfolgt, die ohnehin eine Fülle von gesetzlichen Vorgaben erfüllen müssen. Dementsprechend durchlaufen die Anbieter von Altersvorsorgedepots im Ausland in der Regel keine zusätzlichen Zertifizierungen. Es gelten die üblichen Transparenz- und Wohlverhaltensregeln. Dementsprechend muss ein Finanzprodukt hinsichtlich des Ertrags-Risiko-Profils für die Person geeignet sein. In den USA und Kanada legt der Gesetzgeber lediglich fest, welche Produkte nicht zugelassen sind, wie Kunstwerke oder Lebensversicherungen. Auch der wachsenden Nachfrage nach nachhaltigen Anlagemöglichkeiten wird man hier gerecht, solange dies nicht zu Lasten der Rendite und des künftigen Alterseinkommen geht. Beide Seiten müssen vereinbar sein.

Beim Thema Kosten zeigt sich vor allem Australien sehr transparent: Die Kostenarten, die die Anbieter von Standardprodukten in Rechnung stellen dürfen, werden abschließend aufgeführt. Das Finanzministerium bietet eine Datenbank an, mit der die Anbieter hinsichtlich Performance und Kosten verglichen werden können. Lediglich in Irland gibt es einen Kostendeckel für Standardprodukte in Höhe von fünf Prozent beim Ausgabeaufschlag und einem Prozent bei den laufenden Kosten.

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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