Chef des deutschen Versicherungsverbandes hält Grexit für verkraftbar

Dr. Alexander Erdland, Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), sieht in einem möglichen Euro-Austritt Griechenlands kein Risiko für eine neue Finanzkrise. Obwohl Erdland nicht mit einer raschen Zinswende rechnet, äußerte er sich in einem Zeitungsinterview kritisch zu Forderungen an die Versicherer, ihre Ertragssituation durch eine höhere Aktienquote zu verbessern.

Alexander Erdland (Archiv-Foto): „Die Zentralbank wird erklärtermaßen ihren massiven Ankauf von Staatsanleihen fortsetzen – was wir scharf kritisieren. Wir rechnen damit, dass die Zinsen niedrig bleiben, auch wenn es zwischendurch immer mal wieder kleine Aufwärtsbewegungen gibt.“

Spreche sich die griechische Regierung gegen den Reformkurs aus, sei das auch „eine Entscheidung gegen den Euro“, erklärte der GDV-Präsident im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“. „Dann müssen die europäischen Partner den Konsequenzen ins Auge blicken. Denn die Entscheidung weiter aufzuschieben, machte die Sache nicht besser – sondern nur schlimmer.“

Erdland erwartet keine zweite Finanzkrise

Zwar sei es besser, wenn man eine „für beide Seiten tragfähige Lösung“ finde, sagte Erdland, zugleich machte der oberste Versicherungslobbyist aber auch deutlich, dass ein möglicher Grexit für die deutschen Versicherer keine Katastrophe wäre. So hält es der GDV-Präsident für ausgeschlossen, dass sich eine Finanzkrise wie seinerzeit die Lehman-Pleite wiederholen würde.

„Seit der Finanzkrise des Jahres 2008 ist vieles getan worden, um die Stabilität der Banken und des Finanzsektors zu verbessern. Außerdem gab es bei Lehman eine Vielzahl von privaten Anlegern, die betroffen waren“, sagte Erdland. Im Fall Griechenlands sei dies anders. Hier stünden vor allem staatliche und öffentliche Kredite auf dem Spiel, „also eher das Geld der Steuerzahler als das der Anleger“.

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Engagement der Versicherer in Griechenland „kaum noch messbar“

Das Engagement der deutschen Versicherer in Griechenland beschrieb Erdland als „kaum noch messbar“. Vor dem Schuldenschnitt im Jahr 2012 sei die Branche hingegen noch mit rund vier Milliarden Euro in griechischen Staatsanleihen investiert gewesen.

Einen baldigen Kurswechsel der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet Erdland nicht. „Die Zentralbank wird erklärtermaßen ihren massiven Ankauf von Staatsanleihen fortsetzen – was wir scharf kritisieren. Wir rechnen damit, dass die Zinsen niedrig bleiben, auch wenn es zwischendurch immer mal wieder kleine Aufwärtsbewegungen gibt.“

„Eine hohe Aktienquote passt nicht zu unserem Geschäftsmodell“

Forderungen von Marktbeobachtern an die Versicherer, ihre Aktienquoten zu erhöhen, um die Ertragssituation der Gesellschaften in der Niedrigzinsphase zu verbessern, wies Erdland zurück. „Die Aktienquoten der Versicherer sind sehr unterschiedlich, aber richtig ist, dass eine hohe Aktienquote nicht zu unserem Geschäftsmodell passt.“ Man brauche „planbare laufende Erträge“ für die Kunden. Zudem verwies Erdland auf die Zinszusatzreserve, mit der die Branche, ihre Kunden vor der Niedrigzinsphase schütze. (lk)

Foto: GDV

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