GDV: Solvency II funktioniert nur mit Änderungen

Die Erkenntnisse aus dem Long Term Guarantee Assesment (LTGA) für die Bewertung langfristiger Verpflichtungen unter Solvency II müssen auf die entsprechenden Instrumente angewendet und optimiert werden, so der Testlauf des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

„Das künftige Aufsichtssystem muss in allen Marktsituationen funktionieren und darf auch nicht im Widerspruch zum langfristigen Versicherungsgeschäft stehen. Das LTGA hat nun konkret gezeigt, wo Solvency II noch nachgebessert werden muss. Wir appellieren an die europäischen Institutionen, die gewonnenen Erkenntnisse in die weiteren Beratungen einfließen zu lassen“, fordert Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender der GDV-Hauptgeschäftsführung. „Wir brauchen Rechtssicherheit. Die endgültigen Anforderungen müssen in der Omnibus-II-Richtlinie verankert werden.“

Im Februar und März 2013 waren die europäischen Versicherer gefordert, die Solvency-II-Methode zur Bewertung langfristiger Verpflichtungen zu testen, da sich bei den Trilog-Verhandlungen zur Omnibus-II-Richtlinie zwischen Europäischem Parlament, Europäischem Rat und Europäischer Kommission in diesem Punkt essenzielle Fragen aufgetan hatten.

Langfristige Verpflichtungen für Lebensversicherer

Die Hauptfrage ist, wie Versicherer unter Solvency II ihre langfristigen Verpflichtungen insbesondere in der Lebensversicherung bewerten und welche Zinsentwicklung sie für die nahe und ferne Zukunft annehmen sollen. Ziel des Testlaufs war, aus unterschiedlichen Konstellationen möglichst tragfähige Ansätze herauszufiltern. Es ging nicht um die momentane Solvabilität der Unternehmen. Diese wird nach dem bestehenden Aufsichtsregime (Solvabilität I) ermittelt.

Von den zukünftigen Modellannahmen (der sog. Zinsstrukturkurve) hängen die Kapitalanforderungen an die Unternehmen ab. Seriöse Vorhersagen, wie sich das Zinsniveau in den kommenden Jahrzehnten entwickelt, sind aber nicht möglich. Die aktuell zu beobachtende extreme Marktvolatilität mit künstlich niedrigen Zinsen in einigen und sehr hohen Risikoaufschlägen in anderen Ländern wie auch die stetigen Eingriffe der Europäischen Zentralbank (EZB) erschweren die Zinsprognose zusätzlich.

Nicht zuletzt der deutsche Testlauf hatte 2012 gezeigt, dass das Solvency II-Modell noch nicht auf dieses stark veränderte Marktumfeld eingestellt ist. „Ein Blick auf die unterschiedlichen Zinssituationen in Zentraleuropa und Südeuropa zeigt, dass es für die Bewertung langfristiger Verpflichtungen unter Solvency II keine einfache Lösung geben kann. Das im LTGA getestete integrierte Konzept aus vier Instrumenten zur Anpassung des Solvency II-Modells ist die richtige Antwort auf diese Herausforderungen“, betonte Axel Wehling, Mitglied der GDV-Hauptgeschäftsführung.

Notwendige Anpassungen für Solvency II

Wie von der Versicherungswirtschaft bereits seit längerem gefordert, wurden die im Trilog diskutierten  Anpassungen der Zinsstrukturkurve von den Unternehmen im Zuge des LTGA erstmals europaweit getestet und können nun genauer bewertet werden.

Damit vor allem Lebensversicherer auch unter Solvency II langfristige Garantien anbieten können, sind noch folgende Änderungen im Instrumentenkasten notwendig: Die Modellierung der Zinsstrukturkurve („Extrapolation“) muss frühzeitig (d.h. im Jahr 20) starten, wenn keine verlässlichen Marktdaten mehr verfügbar sind und sich schnell (d.h. im Jahr 30) an den Langfristzins annähern. Dieser Ansatz wurde bereits auf politischer Ebene vereinbart und sollte unverändert beibehalten werden.

Für langfristige Garantien soll ein Mechanismus für den Übergang nach Solvency II geschaffen werden, der die stetigen Eingriffe der EZB in die Marktpreisbildung für einen gewissen Zeitraum kompensiert. Der im LTGA getestete Ansatz ist jedoch noch nicht Solvency II-konform. Zudem ist die Übergangsfrist mit sieben Jahren wesentlich zu knapp bemessen: Sie sollte sich an den sehr viel längeren Laufzeiten von Lebensversicherungen orientieren. Verbesserungen oder Verschlechterungen des Marktumfeldes sollten in der Übergangszeit berücksichtigt werden.

 

Seite zwei: Einheitlicher Mechanismus für Europa

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