Im festgefahrenen Dauerstreit um die Reform der Grundsteuer zwischen Bund und Ländern gibt es wieder Bewegung. Demnach haben sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und das Land Bayern zwar bereits auf einen Kompromiss verständigt, der aber noch keine Grundlage für eine große Einigung innerhalb der großen Koalition zu sein scheint.
Offen ist deshalb auch, ob und in welcher Form das Thema am Sonntag beim Treffen des Koalitionsausschusses in Berlin auf die Tagesordnung kommen wird. Die Einigung zwischen Bayern und dem Bund sieht nach dpa-Informationen umfassende Öffnungsklauseln für alle Bundesländer vor, dafür wäre dann zwingend eine Änderung des Grundgesetzes notwendig. Zuvor hatten darüber bereits die „Bild“-Zeitung und das ARD-Hauptstadtstudio berichtet. Weder das Land Bayern noch das Bundesfinanzministerium wollten dies kommentieren.
Insbesondere Bayern hatte in dem seit mehr als einem Jahr dauernden Streit mit dem Bund eine Öffnungsklausel verlangt, um die Steuerreform in Eigenregie durchführen zu können. Der Freistaat will ein Modell durchsetzen, bei dem sich die Höhe der Abgabe pauschal an der Fläche des Grundstücks orientiert.
Modell für alle Bundesländer wohl vom Tisch
Scholz wollte bisher für alle Bundesländer ein wertabhängiges Modell: Bei der Berechnung der Grundsteuer sollen vor allem der Wert des Bodens und die durchschnittliche Miete eine Rolle spielen. Das Aufkommen von 14 Milliarden Euro jährlich soll erhalten bleiben. Das Bundesverfassungsgericht hatte wegen veralteter Bemessungsgrundlagen eine Neuregelung der Grundsteuer bis Ende 2019 verlangt. Bundestag und Bundesrat müssen der komplexen Reform zustimmen.
Die Wohnungswirtschaft sieht einen ermutigenden Anfang in dem neuerlichen Vorstoß, aber auch nicht mehr. „Wir begrüßen es, dass endlich Bewegung in die Grundsteuerreform kommt. Eine umfassende Länderöffnungsklausel ist sehr hilfreich. Nun sind die Länder aufgefordert, sich bei einer Abweichung vom Bundesmodell auf ein einheitliches Flächenverfahren zu einigen. Denn nur so können immense Kostensteigerungen für Vermieter und Mieter vermieden werden.
Gelöst sieht die Wohnungswirtschaft die Problematik bei dem Grundsteuermodell von Olaf Scholz allerdings keineswegs. Denn das Scholz-Modell sieht unverändert ein vereinfachtes Ertragswertverfahren für die Bewertung von Wohnimmobilien vor, das sowohl Bodenrichtwerte als auch Durchschnittsmieten auf der Basis der Wohngeldmietstufen berücksichtigt. Die Möglichkeit eines Nachweises tatsächlich niedrigerer Mieten, um damit eine Absenkung der grundsteuerlichen Bemessungsgrundlage zu erwirken, soll nicht möglich sein. Damit würden Wohnungsbestände, die höhere Mieten als die Durchschnittsmiete haben, entlastet. Gleichzeitig würden die Wohnungsbestände belastet, die niedrigere Mieten als die Durchschnittsmiete aufweisen. Damit sind die Wohnungsbestände der GdW-Mitglieder in jedem Fall benachteiligt, da sie die Garanten für das bezahlbare Wohnen in Deutschland sind.
Weitere Optimierungen gefordert
Deswegen fordert die Wohnungswirtschaft weiterhin Nachbesserungen beim Scholz-Modell: Die Bodenwerte müssen aus der Berechnung für die Grundsteuer raus. Außerdem dürfen nicht einzelne Eigentümergruppen durch eine verringerte Steuermesszahl bevorzugt werden. Stattdessen muss der Nachweis tatsächlich niedrigerer Mieten als Grundlage für die Grundsteuer dienen“, kommentiert Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft, die Nachrichten aus Berlin.
„Wir begrüßen, dass die Länder durch eine Länderöffnungsklausel die Möglichkeit bekommen, die Grundsteuer in Form eines einfachen Flächenmodells zu erheben und ermuntern sie für eine für die Gesetzgebungskompetenz erforderliche Grundgesetzänderung zu stimmen – alle profitieren davon, nicht zuletzt die Kommunen“, sagt Dr. Andreas Mattner, Präsident des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss, Spitzenverband der Immobilienwirtschaft.
Scholz‘ Entwurf nur schwer umsetzbar
„Der ursprüngliche von Bundesfinanzminister Olaf Scholz vorgelegte Entwurf ist für Wohnimmobilien zu komplex und insbesondere unter verwaltungsökonomischen Aspekten schwierig umzusetzen, während sich die Reglungen für Gewerbeimmobilien verbessert hätten. Wenn das Kabinett die Einigung schon am kommenden Mittwoch beschließt, wäre dies ein positives Signal für Kommunen, Mieter und Nutzer. Ich warne aber davor die neue Freiheit dafür zu nutzen, durch abweichende Länderregelungen den eigenen Haushalt aufzustocken. Die oberste Maxime lautet Aufkommensneutralität – Mieter und Nutzer dürfen nicht noch zusätzlich belastet werden“, so Mattner weiter.
(dpa-AFX/fm)
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