Selten zuvor war ein Bundestagswahlkampf so sehr von der Frage nach dem bezahlbaren Wohnen geprägt wie der vergangene. Die Folgen sind zweischneidig. Während im frei finanzierten Bereich weitere Regulierungen zu erwarten sind, zeigt sich im Segment des sozial geförderten Wohnraums eine klar positive Haltung seitens der Politik: Die neue Bundesregierung will eine Sozialwohnungsquote einführen. Das Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 geförderte Wohnungen – einhergehend mit einer Erhöhung der Mittel für diese seitens des Bundes. Außerdem soll von der Regierung ein „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ geschlossen werden.
Doch wie soll eine so hohe Zahl an geförderten Wohneinheiten überhaupt entstehen können? Durch öffentliche Wohnungsbaugesellschaften allein werden die ehrgeizigen Ziele jedenfalls nicht erreicht. Vielmehr müssen sich auch privatwirtschaftliche Investoren und Immobilienentwickler in diesem Bereich stärker engagieren. Bereits jetzt sind diese Akteure mit einem Anteil von 55 Prozent für den geförderten Wohnungsbau maßgeblich verantwortlich und damit neben den Kommunen die wichtigste Investorengruppe, wie eine von uns in Kooperation mit Bulwiengesa erstellte Studie ergeben hat. Künftig könnten sich die Entwicklungsvolumina aus dem privaten Bereich nochmals deutlich erhöhen – und auch private Kleinanleger könnten in Form von Fondsbeteiligungen hieran partizipieren. Denn ein solches Investment kann auch in wirtschaftlicher Hinsicht durchaus sinnvoll sein.
Steigender Bedarf bei sinkendem Bestand macht den Neubau notwendig
Aktuell geht die Schere zwischen Angebot und Nachfrage immer weiter auseinander – weshalb Sozialwohnungsbau immer dringlicher benötigt wird. Das Bevölkerungswachstum nimmt insbesondere in den größeren deutschen Städten stetig zu. Bei einem Bestand von etwa 1,14 Millionen Sozialwohnungen im Jahr 2019 fehlen etwa 670.000 Wohneinheiten nach Auswertung des Pestel-Instituts. Zudem sind die Bestandszahlen sogar rückläufig, da immer mehr Sozialwohnungen aus der Bindungsfrist herausfallen und somit dem freien Wohnungsmarkt zugeführt werden.
Für private Investoren ist das Segment des geförderten Wohnungsbaus aber nicht nur aufgrund der Nachfragesituation attraktiv, sondern auch aus Stabilitätsgründen. Erstens sind Sozialwohnungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit voll vermietet, weshalb ein stabiler Cashflow über die gesamte Bindungsfrist wahrscheinlich ist. Zweitens handelt es sich um eine weitestgehend inflationssichere Form der Geldanlage, da die Miete regelmäßig an die Teuerungen angepasst werden kann. Drittens können die Wohneinheiten nach Auslaufen der Bindungsfrist zu marktüblichen Preisen frei vermietet werden – wodurch sich auch eine Steigerung des Verkehrswerts ergibt.
Ein Produkt für defensiv orientierte Investoren
Ein entsprechend aufgestellter offener Immobilienpublikumsfonds eignet sich vor diesem Hintergrund vor allem für Investoren, die langfristig unter dem Gesichtspunkt der Wertstabilität investieren wollen. Das kommt auch für jüngere Anlegerinnen und Anleger infrage, die entweder einen regelmäßigen Sparplan erstellen oder aber zum Beispiel ein Erbe wertstabil anlegen wollen. Ein solches Produkt mit hohem Sicherheitsniveau könnte also gerade in Zeiten anhaltender Nullzinspolitik zum Sparbuchersatz werden.
Hinzu kommt, dass entsprechende Wohnimmobilien auch unter Berücksichtigung hoher ökologischer Nachhaltigkeitsstandards entwickelt werden können und sollten. In diesem Fall könnten durchaus Fondsprodukte entstehen, welche die aktuell überwiegend klimabezogenen Nachhaltigkeitsmerkmale von Artikel-8-Fonds nochmals ergänzen. Vor diesem Hintergrund passen Sozialwohnungen als Fondsprodukt auch zu einem Mission-Investing-Ansatz, den nicht nur Privatpersonen verfolgen. Insbesondere kleinere Stiftungen mit begrenztem Anlagevolumen, die dennoch kostendeckend operieren müssen, könnten sich gezielt für einen solchen Publikumsfonds anstelle eines Produkts für institutionelle Investoren entscheiden.
Fazit: Eine Situation, die alle zufriedenstellt
Für viele Bürgerinnen und Bürger gehört das jahrelange Warten auf eine Sozialwohnung mit Wohnberechtigungsschein zur unschönen Realität. Gleichzeitig hat sich noch keine echte Alternative zur klassischen Spareinlage herausgebildet. Vor diesem Hintergrund könnten sozial geförderte Wohneinheiten eine doppelte Bedarfssituation abdecken und somit eine Konstellation schaffen, mit der sowohl Investoren als auch Bewohner zufrieden sind.
Autor Thomas Meyer ist Vorstandsvorsitzender der WERTGRUND Immobilien AG