Geldpolitik der EZB und der Fed: Unterschiede, die bald verschwinden werden

Schraubenschlüssel dreht an der Zinsschraube.
Foto: PantherMedia/Pictograph
Bleiben die Unterschiede in der Einschätzung der konjunkturellen Lage von EZB und Fed bestehen?

Die von der Europäischen Zentralbank vorgenommene Zinssenkung um 25 Basispunkte noch vor einer entsprechenden Maßnahme der US-Notenbank unterstreicht die Unterschiede in der wirtschaftlichen Erholung zwischen der Eurozone und den USA nach der COVID-19-Pandemie. Aber bleibt das auch so?

Die proaktive Haltung der EZB ist angesichts des schwachen Wachstums der Eurozone und des Rückgangs der Inflation, die ihren Höhepunkt hinter sich gelassen hat, durchaus gerechtfertigt. Diese Divergenz könnte jedoch den Euro unter Druck setzen und neue Inflationssorgen auslösen – die nächsten Zinssenkungen der EZB dürften daher mit denen der Fed übereinstimmen.

Am Donnerstag senkte die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen um 25 Basispunkte. Im Gegensatz dazu wird die US-Notenbank (Fed) ihren Zinssatz auf der Sitzung in diesem Monat vermutlich beibehalten.


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Typischerweise warten Zentralbanken, bis die Fed ihre Leitzinsen senkt, bevor sie nachziehen. Tatsächlich hat die EZB ihre Zinsen bis gestern noch nie vor der Fed gesenkt. Doch da die Eurozone nach der COVID-19-Pandemie ein deutlich schwächeres Wachstumsergebnis als die USA verzeichnet und die Gesamtinflation in der Eurozone von ihrem Höchststand bei 10,6 % auf 2,6 % gesunken ist, hatte die EZB gute Gründe, nicht mehr länger auf die Fed-Maßnahmen zu warten.

Dennoch wird die EZB bei ihrer divergenten Geldpolitik Vorsicht walten lassen müssen. Ein sich vergrößernder Unterschied zwischen den Leitzinsen in den USA und der Eurozone könnte den Euro unter Druck setzen, was wiederum zu höherem Inflationsdruck führen würde – eine Dynamik, die die EZB unbedingt vermeiden muss. Obwohl der Kampf gegen die Inflation in der Eurozone beeindruckend war, haben sich die jüngsten Inflations- und Lohndaten als überraschend stark erwiesen. Eine weitere Abwertung des Euro würde die schleichende Besorgnis verstärken, dass der Inflationsrückgang in der Eurozone ins Stocken geraten könnte.

Eine gewisse globale Koordination der Geldpolitik ist daher erforderlich. Die nächsten Leitzinssenkungen der EZB dürften im September und Dezember erfolgen – in denselben Monaten, in denen die Fed ihre Zinsen voraussichtlich senken wird. Verzögert die US-Notenbank jedoch den Beginn ihres eigenen Lockerungszyklus bis ins Frühjahr 2025, könnte sich der nächste Schritt der EZB ebenfalls verzögern. Höhere Zinssätze in den USA für einen längeren Zeitraum würden auch in Europa zu einer Verlangsamung der Zinssenkungen führen.

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