Der Vorstandsvorsitzende der Generali Lebensversicherung Jörn Stapelfeld (47) wird den Konzern zum 31. Juli 2009 verlassen. Offizieller Grund: Die unterschiedlichen Auffassungen über die Geschäftspolitik der Münchner Gesellschaften. Die Trennung erfolge im gegenseitigen Einvernehmen. Das ist das Ergebnis der rund fünfstündigen Aufsichtsratsitzung, die heute in München abgehalten wurde.
Wie die Financial Times Deutschland (FTD) in ihrer heutigen Ausgabe berichtet, soll Stapelfeld einseitig die Interessen der Volksfürsorge beim Zusammenschluss mit der Münchner Generali-Tochter vertreten haben.
Konkreter Auslöser für die Entlassung war offenbar ein Alleingang Stapelfelds, so die Finanzzeitung. Ende Mai habe er ohne Abstimmung mit Generali-Deutschland-Chef Dietmar Meister Finanzminister Peer Steinbrück in einem Brief gebeten, bei der Commerzbank zu intervenieren. Der Bund ist mittlerweile mit rund 25 Prozent an dem Geldhaus beteiligt. Das Schreiben gelangte Ende Juni an die Öffentlichkeit.
Die Commerzbank und die Generali verbindet ein bis September 2010 laufendes Kooperationsabkommen. Ab Oktober 2010 sollen aber nur noch Allianz-Policen über den Commerzbank-Schalter verkauft werden. Stapelfeld schlug in dem Brief an den Finanzminister vor, dass beide Versicherer ihre Produkte ab dem kommenden Jahr parallel über die Commerzbank-Filialen vertreiben könnten und argumentierte mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen (cash-online berichtete hier).
Coba-Anteile müssen realitätsnäher bewertet werden
Allerdings ist die Commerzbank für die Generali nicht nur ein Vertriebskanal. Der Versicherer hält rund 56 Millionen Commerzbank-Aktien, das sind etwa fünf Prozent des Stammkapitals. Im Rahmen eines strategischen Investments ? wie bei dem hier noch vorliegenden Kooperationsvertrag ? darf die Generali diese Anteile mit starken Abweichungen zwischen Markt- und Buchwert bilanzieren.
Dieser Spielraum fiele künftig weg, Abschreibungen in dreistelliger Millionenhöhe stünden an, so die FTD. Im Geschäftsbericht 2008 hat die Generali ihre Commerzbank-Anteile mit einem Kurs von 14 Euro pro Aktie gebucht. Der tatsächliche Wert lag damals aber bei 6,64 Euro.
Generali vertreibt 15 Prozent über Banken
Im Cash.-Interview (04/2009) bezeichnete Stapelfeld den Bankenvertrieb ? bestehend aus Commerzbank und Generali-Bankenvertrieb mit über 200 Geldhäusern ? als drittes Standbein beim Neugeschäft. Die Vertriebsanteile der einzelnen Kanäle bezifferte Stapelfeld folgendermaßen: „Das Neugeschäft kommt zur Hälfte über die Stammorganisation, zu einem Drittel über Makler und zu rund 15 Prozent über die Bankenvertriebe.“
Anfang 2008 feierte Stapelfeld noch sein 25-jähriges Dienstjubiläum im Generali Konzern. Winfried Spies (55), Mitglied des Vorstands der Generali Deutschland Holding, übernimmt den Vorstandsvorsitz der Generali Versicherungen. (mo)