Schon die Bezeichnung klingt staatstragend: „Generationenkapital“ hat die Bundesregierung das genannt, was über Jahre immer wieder als „Aktienrente“ diskutiert und schließlich vom Bundestag im März beschlossen wurde. Die Idee: Statt ausschließlich die Beiträge der Berufstätigen für die Auszahlung der Renten zu nutzen, soll in ein Kapitalstock an der Börse investiert werden. Die Rendite an der Börse soll dann Jahr für Jahr den gesetzlichen Rentenzahlungen zugutekommen – ohne dass der Kapitalstock schmilzt. Neben den Beiträgen der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten entsteht so dauerhaft eine zweite Einnahmequelle für die gesetzliche Rentenversicherung.
Über den Einstieg in die kapitalgedeckte Rente wird seit Jahrzehnten immer wieder diskutiert. Dass die Zahl der Rentenempfänger im Laufe der Jahre immer weiter steigt, ohne dass die Zahl der Beitragszahler in gleichem Maße zunimmt, war aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge schon lange absehbar. „Der Aufbau eines Kapitalstocks, der an der Börse investiert wird und dessen Renditen die Rente mitfinanzieren, war und ist deshalb richtig“, sagt Steven Schmitz, Berater bei der LAUREUS AG PRIVAT FINANZ.
Generationenkapital mit Schwächen
Allerdings hat der Einstieg in die Kapitaldeckung mit Hilfe des jüngst beschlossenen Generationenkapitals etliche Schönheitsfehler und handwerkliche Schwächen.
- Der avisierte Kapitalstock ist mit geplanten 200 Milliarden Euro bis 2035 viel zu klein, um effektiv zu wirken. Unterstellt man eine durchschnittliche jährliche Rendite von fünf Prozent nach Abzug aller Kosten, bleiben ab 2036 nur zehn Milliarden Euro Gewinn pro Jahr, die in die gesetzliche Rentenkasse fließen. Die Rentenversicherung zahlt jedoch pro Jahr rund 360 Milliarden Euro an Ruheständler aus. Das Generationenkapital deckt also nicht einmal drei Prozent davon. „Für eine dauerhafte Stabilisierung des staatlichen Rentensystems müsste der Kapitalstock um ein Vielfaches größer sein“, meint Berater Schmitz.
- Der Kapitalstock wird in Teilen über neue Staatsschulden gebildet, das heißt, der Staat gibt Bundesanleihen aus. Dadurch entstehen Finanzierungskosten von 2,5 bis 3,5 Prozent jährlich, die zusätzlich über die Kapitalmarktrendite verdient werden müssen. Eine schuldenfinanzierte Geldanlage schmälert also die Rendite und erhöht das Verlustrisiko.
- Für eine so hohe Rendite muss der Kapitalstock zum weitaus größten Teil in Aktien oder noch riskantere Wertpapiere investiert werden. Damit nehmen aber auch die Verlustrisiken weiter zu, so dass eine regelmäßige Entlastung der Rentenkasse nicht immer garantiert ist oder weitere Kosten durch notwendige Absicherungsgeschäfte oder Ausgleichszahlungen des Bundes entstehen.
- Ein staatlicher Stiftungsfonds soll das 200-Milliarden-Euro-Portfolio managen. „Leider sind keine privatwirtschaftlichen Alternativen vorgesehen – und dies, obwohl in der Fondsbranche viel Expertise und Erfahrung für langfristige und erfolgreiche Wertpapierinvestments vorhanden sind“, erklärt Steven Schmitz.
Beim Generationenkapital handelt es sich außerdem nicht um eine klassische Aktienrente, wie sie etwa in anderen Ländern gehandhabt wird. Es geht nicht um die Erhöhung der individuellen Rente oder die Schließung der individuellen Rentenlücke, sondern nur um die Stabilisierung von Rentenniveau und Beitragshöhe. Im Zweifel entlastet das Generationenkapital bestenfalls den Staat, der bislang die Rentenversicherung mit rund 100 Milliarden Euro pro Jahr bezuschusst.
„Berufstätige, die einen finanziell sorgenfreien Ruhestand genießen möchten, kommen nicht umhin, privat vorzusorgen“, so Steven Schmitz. Dabei sind klassische Lebens- und Rentenversicherungen allein nicht unbedingt empfehlenswert, auch wenn kürzlich entschieden wurde, den Garantiezins ab 2025 auf ein Prozent zu erhöhen. Auch ein Sparbuch und Fest- oder Tagesgeldkonten sind sicherlich nicht die Anlageformen, die für den Vermögensaufbau genutzt werden sollten, weisen die Renditen auf lange Sicht doch schlichtweg ein zu geringes Niveau auf.
Aktienrente im Eigenbau
Weitaus sinnvoller ist es indes, ergänzend die langfristigen Renditechancen des Kapitalmarktes zu nutzen. So lag in der Vergangenheit etwa die Aktienrendite im langjährigen Durchschnitt bei rund acht Prozent. Nur dass diese bei der Aktienrente in Eigenregie auf dem eigenen Konto landeten – und nicht in der staatlichen Rentenkasse. Zwar ist dies keine Garantie, und die Rendite kann auch niedriger ausfallen und auch Verlustjahre sind möglich; wer aber über zehn Jahre oder länger Geld für seinen Ruhestand anlegt, sollte mit höheren Renditen als bei Tagesgeldkonten & Co. rechnen können. Anlegerinnen und Anleger sollten ihren Fokus allerdings nicht nur auf Aktien legen, sondern möglichst breit diversifizieren und Anleihen, Rohstoffe wie Gold und alternative Investments beimischen. „Sind die Anlagen zudem über mehrere Branchen, Länder, Regionen und Währungen verteilt, sind die Voraussetzungen für ein stabiles Depot weitestgehend erfüllt“, weiß LAUREUS-Berater Steven Schmitz.
Wer den Aufwand für solch ein Depot scheut, kann auch auf Mischfonds zurückgreifen, die das Geld der Anlegerinnen und Anleger gleich auf verschiedene Vermögensklassen wie Aktien, Anleihen, Rohstoffe und Devisen verteilen. Vielfach können Anlegerinnen und Anleger sowohl mit einem Einmalbetrag als auch in monatlichen Sparplanraten ein rentables Börseninvestment aufbauen. Entscheidend ist dabei ein erfahrenes und aktives Fondsmanagement und nicht zu hohe Kosten, damit auch möglichst viel von der Rendite dem Rentendepot zugutekommt. Anlegerinnen und Anleger haben zudem den Vorteil, dass sie in risikoärmere Anlagen umschichten können, wenn sie sich dem Rentenalter nähern. Wenn es soweit ist und der Ruhestand genossen werden kann, kann das Depot Stück für Stück aufgelöst werden. Dann ist es an der Zeit, die selbstgemachte Aktienrente zu genießen.