Viridium wird voraussichtlich von einem Allianz-Konsortium übernommen. Was würde der Deal für den deutschen Run-off-Markt bedeuten?
Heermann: Die Übernahme von Viridium könnte dem deutschen Run-off-Markt neuen Schwung verleihen, nachdem er in den letzten Jahren ins Stocken geraten ist. Dem Vernehmen nach haben sich neben der Allianz auch andere große Versicherungsgesellschaften, Vermögensverwalter und Kapitalgeber für Viridium interessiert. Dies unterstreicht die anhaltende Attraktivität des Bestandsmanagements in der Lebensversicherung – und zwar nicht nur für spezialisierte Run-off-Plattformen. Die Übernahme könnte zu einer weiteren Marktkonsolidierung führen und Versicherer ermutigen, strategische Partnerschaften oder den Verkauf ihrer Altbestände in Betracht zu ziehen. Gleichzeitig dürfte der Deal das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Run-off-Marktes stärken.
Welche strategischen Vorteile hätte die Übernahme für Viridium?
Heermann: Für Viridium hätte die Übernahme durch das Allianz-Konsortium den Vorteil, ihre Eigentümerstruktur zu festigen und das Vertrauen bei der Finanzaufsicht Bafin zurückzugewinnen. Dies könnte den Weg für weiteres Wachstum durch zukünftige Übernahmen erleichtern. Zudem würde Viridium von der Finanzkraft der Allianz profitieren und damit ein zusätzliches Signal für Stabilität an Kunden und Geschäftspartner senden.
Was macht Viridium für die Allianz attraktiv? Es scheint ihr ja hauptsächlich um die Erträge aus der Vermögensverwaltung zu gehen.
Heermann: Viridium verwaltet bereits ein bedeutendes Versicherungsportfolio mit langfristigen Verpflichtungen, das durch professionelles Asset- und IT-Management ertragreich bewirtschaftet werden kann. Für die Allianz dürfte dies besonders interessant sein, weil sie als einer der weltweit führenden Versicherungskonzerne über die Expertise verfügt, Kapitalanlagen effizient zu steuern und Renditen aus der Vermögensverwaltung zu generieren. Darüber hinaus könnte dieser Deal auch strategisch motiviert sein, um Einfluss auf die Zukunft des Run-off-Marktes zu gewinnen.
Die „Süddeutsche Zeitung“ kritisiert, Lebensversicherungsverträge seien mittlerweile nur noch eine „Handelsware, Finanzmanager kaufen und verkaufen sie mit Gewinn.“ Stimmen Sie zu?
Heermann: Lebensversicherungen sind langfristige Verträge, die auf Vertrauen basieren und eine große Verantwortung gegenüber den Kunden mit sich bringen. Daher ist es nachvollziehbar, dass der Verkauf von Beständen oder Unternehmen kritisch gesehen wird – besonders wenn Zweifel an den Zielen der neuen Eigentümer oder an der langfristigen Stabilität bestehen. Nüchtern betrachtet haben sich Run-off-Modelle aber als Lösungsweg etabliert, um Altbestände professionell zu verwalten und Kunden stabile Leistungen zu sichern. Ein gut organisiertes Bestandsmanagement sorgt dafür, dass alle vertraglichen Verpflichtungen zuverlässig erfüllt werden – oft sogar effizienter als beim ursprünglichen Versicherer. Entscheidend ist, dass die Interessen der Versicherungsnehmer gewahrt bleiben. Dafür sorgen klare gesetzliche Vorgaben und eine strenge Aufsicht. Wenn Run-off-Versicherer dann tatsächlich mehr Rohüberschuss erwirtschaften, können auch die Kunden davon in Form von höheren Überschussbeteiligungen profitieren.
Die Fragen stellte Kim Brodtmann, Cash.