Gescheiterte Jamaika-Sondierungen: „Viel Dissens auch beim Thema Wohnen“

Nach dem Aus für die Sondierungsgespräche stellt sich die Frage, wie es im wichtigen Politikfeld Wohnen weitergeht. Ein Blick auf das Arbeitspapier zeigt: Es gab ein gemeinsames Ziel, aber auch viel Dissens darüber, wie mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann. Gastbeitrag von Axel Guthmann, LBS

Axel Guthmann, LBS:
Axel Guthmann, LBS: „Nach dem Ausstieg der FDP aus dem Jamaika-Projekt heißt es nunmehr ,Zurück auf Los‘.“

Nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche wird intensiv diskutiert, wie nah die Sondierer von CDU, CSU, FDP und Grünen bereits an einer Einigung waren.

Die letzte Wahrheit wird es zu dieser Frage wohl nicht geben. Fest steht aber: Das öffentlich gewordene 61-Seiten-Papier vom 15. November 2017, in dem der Verhandlungsstand zu den wichtigsten Themen zusammengefasst ist, dokumentiert viel Dissens, wenig Konsens.

Dies betrifft nicht nur die Themen Familiennachzug und Kohleausstieg, sondern auch das Politikfeld Wohnen.

Gemeinsames Ziel: 1,5 Millionen neue Wohnungen

Einigkeit bestand auf diesem Politikfeld parteiübergreifend beim Ziel, „für ausreichenden, bezahlbaren und geeigneten Wohnraum für alle zu sorgen und auch Eigentumsbildung gerade für Familien zu ermöglichen“. In den nächsten vier Jahren sollten dafür 1,5 Millionen neue Wohnungen gebaut werden.

Wie dieses Ziel erreicht werden soll, darüber gingen die Meinungen bis zum Schluss der Verhandlungen allerdings auseinander, sichtbar an den im Papier in Klammer gesetzten Zeilen, die lediglich die Positionen der jeweiligen Parteien wiedergeben.

Und eingeklammerte Sätze gibt es im Abschnitt Wohnen des Sondierungspapiers zuhauf: Wie bereits in den Wahlprogrammen der Parteien deutlich wurde, setzen CDU, CSU und FDP auf verschiedene Anreizinstrumente, um sowohl den Neubau von Mietwohnungen als auch das selbstgenutzte Wohneigentum voranzubringen.

Dazu gehört zum einen eine zeitlich befristete degressive AfA für Investitionen in den Neubau, zum anderen (nur von CDU/CSU favorisiert) ein Baukindergeld über zehn Jahre von 1.200 Euro pro Jahr. Die Grünen wollten ebenfalls Anreize durch eine „Investitionszulage“ sowie einen „Steuerbonus“, diesen aber verknüpfen mit der Auflage, damit „eine Million dauerhaft sozial gebundene Wohnungen zu schaffen“.

Fehlendes Bauland

Das aus Sicht vieler Fachleute größte Hindernis auf dem Weg zu mehr Neubau, nämlich fehlendes Bauland, wurde ebenfalls sondiert. Ergebnis: Grundstücke, über die die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) und die Deutsche Bahn verfügen, sollten den Kommunen vergünstigt zur Verfügung gestellt werden.

CDU/CSU und FDP wollten darüber hinaus Baugrundstücke mobilisieren, indem Landwirte eine Steuervergünstigung erhalten, wenn sie in den Mietwohnungsbau reinvestieren. Ebenfalls bis vergangenen Freitag nur ein Thema der Konservativen: Eine auf fünf Jahre befristete steuerliche Förderung von energetischen Modernisierungsmaßnahmen.

Nah beieinander bei Grunderwerbsteuer

Zum Greifen nahe schien ausweislich des 61-Seiten-Papiers ein Kompromiss beim Thema Grunderwerbsteuer, der allerdings wohl keine schnelle Entlastung gebracht hätte.

CDU/CSU und FDP wollten eine bundesgesetzliche Regelung schaffen, die es den Ländern ermöglicht, Freibeträge einzuführen. Ganz ähnlich liest sich die Position der Grünen, die die Bundesländer in die Lage versetzen wollten, für den Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum Freibeträge für die Grunderwerbsteuer einzuführen. Der Ball wäre damit im Feld der Länder gewesen, die ja auch zuständig sind für die Höhe der Grunderwerbsteuer.

Dissens hingegen beim Thema „Mietpreissicherung“: Während die Grünen eine Weiterführung und Verbesserung der Mietpreisbremse wollten, setzten sich CDU/ CSU und FDP für deren Abschaffung ein.

„Zurück auf Los“

Nach dem Ausstieg der FDP aus dem Jamaika-Projekt heißt es nunmehr „Zurück auf Los“. Neuwahlen? Aufnahme von Verhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD? Minderheitenregierung? Alles ist offen. Das dringliche Thema „bezahlbarer Wohnraum“ für Mieter und (potenzielle) Wohneigentümer bleibt.

Axel Guthmann ist Leiter der LBS-Bundesgeschäftsstelle.

Foto: LBS

 

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