Donald Trump hat die Präsidentschaftswahlen in den USA gewonnen – und mit ihm die Unsicherheit. Ein Kommentar von Hans-Jörg Naumer, Allianz Global Investors
Die Geopolitik dürfte mit dem 45. POTUS („President of the United States“) nicht leichter werden. Verlierer ist voraussichtlich die Globalisierung. Die mittelfristigen Implikationen sind klar: Weniger Globalisierung heißt weniger Wachstum, weniger Wohlstand, steigende Preise.
Staatsanleihen der Industriestaaten profitieren
Was die Kapitalmärkte betrifft, sollte zumindest kurzfristig die Flucht in die „sicheren Häfen“ anhalten. Davon dürften besonders die Staatsanleihen der Industriestaaten profitieren.
Über die Marktentwicklungen der nächsten Tage hinaus gedacht, sollten sich die Anleger vor allem auf folgende Eckpunkte für ihre Kapitalanlage einstellen:
- Während die Volatilität an den Finanzmärkten im Kontext gestiegener Unsicherheit zunehmen dürfte, ist aktives Management das Gebot der Stunde. Mit dem Vorherrschen negativer Anleiherenditen in weiten Teilen des Staatsanleihensegments gibt es keine „sichere“ Vermögensklasse mehr, zumindest nicht, wenn man unter Sicherheit Kaufkrafterhalt versteht. Konkret: Aktuell weisen etwa ein Drittel der ausstehenden Staatsanleihen aus den Industriestaaten eine negative Rendite aus.
- Die Inflation, nicht nur in den Vereinigten Staaten, sollte strukturell steigen. Weniger Globalisierung heißt weniger Wettbewerb, heißt weniger komparative Vorteile der Standorte und höhere Zölle. Dazu kommen in den USA steigende Staatsdefizite, die von steigenden Staatsausgaben bei gleichzeitigen Steuersenkungen getrieben werden.
- Der europäische Anleihemarkt dürfte sich von der mittelfristigen Entwicklung zumindest teilweise gut abschotten können. Hier bleiben, dank der Europäischen Zentralbank, die Renditen, insbesondere am kurzen Ende, fest im Griff der Geldpolitik. Mit einem „QEEXIT“, einem Ausstieg aus der quantitativen Lockerung, ist nämlich kaum zu rechnen. Das bis März 2017 laufende Aufkaufprogramm sollte fortgesetzt werden, mit einer langsamen Drosselung der Kaufvolumina.
- Die Geldpolitik bleibt, die Debatte um die Zinsanhebungen der Fed hin oder her, global unverändert äußerst expansiv. Die US-amerikanische Notenbank ist schon lange „hinter der Kurve“, die Bank of Japan hat zwar gerade ein paar taktische Anpassungen vollzogen, pumpt aber weiter Geld in die Märkte, die britische Notenbank im Post-BREXIT-Referendum-Kurs pumpt verstärkt Zentralbankgeld in die Märkte, und bei der EZB hat die Debatte um einen überfälligen QEEXIT nicht einmal richtig begonnen.
- Für die Aktienmärkte heißt das: Das billige Geld fördert die Suche nach Rendite und damit Kapitalanlagen in risikobehafteteren Anlageformen. Der langfristige globale Wachstumsausblick hat sich durch die jüngsten Ereignisse zwar eingetrübt, sollte aber aufwärtsgerichtet bleiben, während sich die Revisionen bei den Unternehmensgewinnen nach heftigen Abwärtsrevisionen stabilisieren.
- Aus globaler Sicht könnten dabei europäische Aktien zu den Gewinnern gehören. Zwar stehen auch hier im Jahr 2017 eine Serie von Wahlen an, aber das politische Agenda Setting findet nun verstärkt jenseits des großen Teichs statt.
- Die Volatilität sollte mit Anlagelösungen gebändigt werden, die über mehrere Assetgattungen streuen können.
Erhöhte Unsicherheit und erhöhte Volatilität – das stellt erhöhte Anforderungen an ein aktives Management der Kapitalanlage.
Hans-Jörg Naumer ist Head of Global Capital Market & Thematic Research von AllianzGI
Foto: Andreas Varnhorn