Report Gewerbeversicherung: „Nur 6 Prozent schätzen die Beratung bei klassischen Versicherern als sehr gut ein“

Payam Rezvanian, Mitglied der Geschäftsleitung bei Finanzchef24
Foto: Finanzchef14
Payam Revanian: "Beim Thema Bürokratieabbau besteht über die jüngsten zaghaften Versuche der Regierung hinaus weiter dringend Handlungsbedarf. Gerade für kleine Unternehmen ist der Verwaltungsaufwand kaum stemmbar."

Die Bürokratie bremst kleine und mittlere Unternehmen massiv aus. Das geht so weit, dass jedes dritte KMU schon überlegt hat, sein Geschäft aufzugeben. Gleichzeitig wollen viele trotz wirtschaftlicher Unsicherheit investieren. Auch weil Digitalisierung und KI Chancen bieten. Die gute Nachricht für die Versicherungswirtschaft: Jedes dritte Unternehmen will mehr Geld für die finanzielle Absicherung ausgeben. Das zeigt der aktuelle Gewerbeversicherungsreport von Finanzchef24.

Der Report basiert auf den Daten aus der neusten jährlichen Befragung, die das Insurtech Finanzchef24 und die R+V Allgemeine Versicherung AG zusammen mit dem Panelanbieter Consumerfieldwork unter 603 Unternehmen im Zeitraum Juli bis August 2024 durchgeführt haben. Und offenbart die aktuellen Herausforderungen und Zukunftschancen der Klein- und Kleinstunternehmer. „Trotz der ökonomischen Herausforderungen zeigt der Report, dass viele Unternehmer entschlossen sind, nicht in den Stillstand zu verfallen, sondern diese Zeit für Reflexion und Neuorientierung zu nutzen“, sagt Payam Rezvanian, Mitglied der Geschäftsleitung von Finanzchef24.

Trotz Wirtschaftssorgen: Unternehmen bleiben aktiv

Fast die Hälfte der KMU (49 Prozent) fürchten, dass die Wirtschaft weiter schrumpfen könnte. Zudem beklagen 43 Prozent, dass sie zu viel Zeit damit verbringen müssen, Formulare auszufüllen und Vorschriften einzuhalten. Trotzdem sind viele Unternehmer bereit, aktiv zu werden. 56 Prozent möchten in ihr Geschäft investieren, sehen sich jedoch durch die aktuelle Ertragssituation dazu nicht in der Lage.


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Laut Finanzchef24 nutzt der Mittelstand die aktuelle Situation, um die Geschäftsstrategie zu überdenken. „Wenn wir mit unseren Kunden sprechen, merken wir: Sie wollen und können nicht länger abwarten und sich von ohnehin nicht beeinflussbaren Faktoren abhängig machen, sondern die Zeit sinnvoll nutzen“, erklärt Rezvanian.

Bürokratie: Das zentrale Problem

Der Bürokratieaufwand wird von 86 Prozent der Unternehmer als zu hoch empfunden. Besonders kleine Unternehmen leiden unter den administrativen Anforderungen. Und zwar so stark, dass es ihre Innovationsfähigkeit und Flexibilität einschränkt, so der Report. 37 Prozent haben bereits darüber nachgedacht, ihr Unternehmen aufgrund des hohen Verwaltungsaufwands aufzugeben.

Laut einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) müssen kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland im Durchschnitt etwa sechs bis zehn Prozent ihrer Arbeitszeit aufwenden, um administrative Aufgaben zu erfüllen und um gesetzliche Vorschriften einzuhalten. Das entspricht etwa 180 bis 240 Stunden pro Jahr für einen einzelnen Unternehmer. Die bürokratischen Kosten für die deutsche Wirtschaft werden auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Laut Normenkontrollrat sind es jährlich rund 45 Milliarden Euro für die Unternehmen in Deutschland.

Quelle: Finanzchef24

„Beim Thema Bürokratieabbau besteht über die jüngsten zaghaften Versuche der Regierung hinaus weiter dringend Handlungsbedarf. Gerade für kleine Unternehmen ist der Verwaltungsaufwand kaum stemmbar, weil Personal fehlt oder es die Margen gar nicht hergeben. Am Ende müssen sich Chef und Chefin selbst mit dem Papierkram herumschlagen. Zeit, die anderswo fehlt“, warnt denn auch Rezvanian.

Digitalisierung und KI: Chancen und Herausforderungen

Anders sieht es beim Thema Digitalisierung aus. 50 Prozent der Befragten wollen 2024 insbesondere die Buchhaltung digitalisieren. Auch der Einsatz von KI gewinnt weiter an Bedeutung. 46 Prozent der Unternehmer sehen KI als Chance für die Optimierung ihrer Geschäftsprozesse, obwohl 57 Prozent bisher keine konkreten Maßnahmen zur Integration von KI ergriffen haben.

KI ist nicht mehr nur ein Nice-to-have, sondern ein Must-have für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation, so Rezvanian weiter. Wichtig sei jedoch, bei der Implementierung von KI, die damit verbundenen Risiken – wie Cyber-Bedrohungen – im Blick behalten.

Finanzielle Absicherung bleibt ein zentrales Anliegen

Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten zeigt der Report, dass 37 Prozent der Unternehmer planen, in den kommenden zwölf Monaten mehr Geld für Versicherungen auszugeben, um ihr Geschäft besser abzusichern. Welche dies sind, dazu macht der Report allerdings keine Angaben.

Was allerdings sehr deutlich wird: Versicherer und Vertrieb müssen an der Beratung arbeiten. Denn obwohl Versicherungsunternehmen laut Finanzchef24 in den vergangenen Jahren investiert hätten, reichen die Bemühungen nicht aus. So zeigt der Report sehr deutlich, dass bei der Beratung noch viele Luft nach oben ist. „Nur sechs Prozent der befragten KMU schätzen die Beratung bei klassischen Versicherern als sehr gut ein, 32 Prozent als gut“, so Rezvanian.

Quelle: Finanzchef24

Knapp 38 Prozent bewerten die Beratung als weder gut noch schlecht, rund jeder Vierte (24 Prozent) als schlecht oder sehr schlecht. Online-Anbieter schneiden bei Selbstständigen im Jahr 2024 deutlich besser ab als die klassischen Versicherer. So erklären neun Prozent, dass sie sich bei Online-Vergleichsplattformen deutlich besser aufgehoben fühlen, 38 Prozent etwas besser. Nur 20 Prozent stimmen der Aussage nicht zu.

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