Zinstief und Regulierung zwingen Deutschlands Genossenschaftsbanken nach Einschätzung des Dachverbandes BVR zu Zusammenschlüssen und lassen höhere Gebühren für Kunden wahrscheinlicher werden.
„Wir gehen im Jahr 2016 von Fusionen in der Größenordnung 40 bis 50 aus. Es ist wohl auch davon auszugehen, dass es 30 bis 50 Fusionen in den Folgejahren geben wird“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Uwe Fröhlich, am Mittwoch in Frankfurt.
Im vergangenen Jahr sank die Zahl der genossenschaftlichen Institute um 26 auf 1021. Das Filialnetz – ohne Selbstbedienungsstellen – schrumpfte um 510 auf 12 260. Nach Fröhlichs Einschätzung könnte das Netz im laufenden Jahr in ähnlichem Umfang weiter ausgedünnt werden.
EZB verärgert Bankiers
Die „zerstörerische Geldpolitik“ der Europäischen Zentralbank (EZB) zeige „zunehmend hässliche Nebenwirkungen, die die Realwirtschaft in immer stärkerem Maße zu spüren bekommt“, sagte Fröhlich. „Aus der Schweiz lernen wir, dass lang andauernde Niedrigzinspolitik dort sogar zu steigenden Kreditzinsen geführt hat.“
Strafzinsen an Privatkunden weitergeben wollen die Institute in der Breite nicht. „Wir werden versuchen, das Thema Negativzinsen unseren Privatkunden nicht zuzumuten“, sagte Fröhlich. Allerdings könnten Geldhäuser gezwungen sein, an der Gebührenschraube zu drehen. „Jeder muss in seiner Bank überlegen, wie er über Konditionengestaltung gegen die Ertragsverluste anarbeitet, die ohne Zweifel da sind.“
Das Zinstief lässt die Zinsüberschüsse der Banken sinken. Die im BVR organisierten Volks- und Raiffeisenbanken konnten dies im vergangenen Jahr dank eines regen Kundengeschäfts ausgleichen. Das Kreditgeschäft legte zum Vorjahr um 23 Milliarden auf 505 Milliarden Euro zu. Die Kundeneinlagen kletterten um 26 Milliarden auf 608 Milliarden Euro. Zusammen erzielten die 1021 Institute nach vorläufigen Zahlen 2,1 Milliarden Euro Überschuss – 0,8 Prozent weniger als im Vorjahr.
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„Der Eindruck drängt sich auf, EZB-Präsident Mario Draghi betreibe Geldpolitik mit der Brechstange“, sagte Fröhlich. „Die Instrumente haben sich nahezu abgenutzt.“ Volkswirte erwarten, dass Europas Währungshüter ihren Anti-Krisen-Kurs gegen Mini-Inflation und Konjunkturschwäche an diesem Donnerstag (10.3.) erneut verschärfen werden – obwohl der Leitzins nur noch knapp über Null liegt, Banken schon Strafzinsen fürs Geldparken zahlen müssen und die Notenbank seit einem Jahr über Anleihenkäufe die Märkte mit Geld flutet.
Quelle: dpa-Afx/tr
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