Statt Normalisierung der Zinspolitik hat Mario Draghi die Märkte Ende Juni mit der Ankündigung überrascht, die Zinsen möglicherweise noch weiter zu senken. Die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen fielen daraufhin auf ein Rekordtief. Auch die Ankündigung, dass Christine Lagarde für Mario Draghi als Nachfolgerin auf dem EZB-Chefsessel folgen soll, lässt vermuten, dass die Niedrigzinspolitik vorerst anhalten wird. Ein Kommentar von Tilmann Galler, globaler Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management.
Für Anleger bedeutet dieses anhaltende Niedrigzinsumfeld, dass sie jenseits klassischer „sicherer Anlagehäfen“ nach Ertragsquellen suchen müssen. So haben in den letzten Jahren viele Anlegergruppen stärker als zuvor auf Risikoanlagen gesetzt.
Diversifizierung hilft nur bedingt
„Diese Strategie hat über lange Phasen des aktuellen Konjunkturzyklus gut funktioniert. Mit zunehmender Reife des Zyklus sollten Anleger jedoch auch weitere Optionen in Betracht ziehen, mit denen sie die Widerstandsfähigkeit ihres Portfolios stärken können, um besser auf steigende Volatilität und eventuelle Rezessionsphasen vorbereitet zu sein“, erläutert Tilmann Galler, globaler Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt.
Die klassische Diversifizierung über Aktien und Anleihen kann im Niedrigzinsumfeld nur bedingt helfen. „Der Spielraum für Kursgewinne von Staatsanleihen zum Ausgleich eines Kursrückgangs bei Aktien ist begrenzter als in vorherigen Abschwüngen. Auch liquide Mittel als Sicherheitspuffer sind in Europa aufgrund der negativen Realverzinsung wenig attraktiv“, führt Galler aus.
Über klassische Anlageklassen hinaus denken
So gilt es für Anleger, ihren Horizont über herkömmliche Anlagekategorien hinaus zu erweitern, um ihr Portfolio widerstandsfähiger zu machen und gleichzeitig eine positive Realverzinsung zu erreichen. Hier können alternative Anlageklassen eine Lösung bieten.
Der jüngst zum zweiten Mal veröffentlichte „Guide to Alternatives“ von J.P. Morgan Asset Management zeigt die Ertragsmöglichkeiten verschiedener klassischer und alternativer Anlageklassen auf. Typische „Renditesteigerer“ sind Strategien wie Private Credit oder Private Equity, die höhere Ertragschancen als öffentliche Märkte bieten.
Allerdings müssen Anleger die geringere Liquidität dieser Märkte in Kauf nehmen und diese Anlageklassen langfristig, also über den gesamten Zyklus hinweg, halten können.
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