Gilt ein Anerkenntnis auch für künftige Provisionen?

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Jürgen Evers, Kanzlei Evers

In einem Streitfall vor dem Oberlandesgericht Köln hat ein Unternehmer gegen das Buchauszugsbegehren eines Vertreters eingewendet, der Anspruch sei gegenstandslos geworden. Denn die Parteien hätten sich über die in laufender Rechnung geführte Abrechnung der Vertreterkonten bereits geeinigt. Die Entscheidung des Gerichts und was daraus folgt.

Der Vertreter hatte zwar erklärt, die bis zu einem Stichtag vorgenommenen Buchungen, insbesondere die Buchungen in einer bestimmten zuvor erteilten Abrechnung, die Buchungen auf dem Provisionskonto und dem Stornoreservekonto sowie die daraus gebildeten Salden seien richtig und vollständig. Weiter hieß es in der Erklärung , dass das Anerkenntnis sich nicht auf nicht abgerechnete künftige Ansprüche aus vermittelten Geschäften erstrecke, die die vertretenen Gesellschaften noch nicht ausgeführt haben.

Oberlandesgericht Köln spricht Vertreter Buchauszug trotz Anerkennung der Buchungen zu

Das Oberlandesgericht Köln sprach dem Vertreter den Buchauszug trotz Anerkennung der Richtigkeit und Vollständigkeit der jeweiligen Buchungen auf den Abrechnungs-, Provisions- und Stornoreservekonten sowie der daraus gebildeten Salden zu. Der Anspruch bestehe zwar nur, soweit sich die Parteien des Vertretervertrages nicht über die Abrechnung geeinigt hätten. Für eine Einigung über die Abrechnung sei es jedoch notwendig, dass in einer rechtsverbindlichen Weise, durch Willenserklärungen zustande gekommene, Übereinkunft getroffen werde.

Diese müsse zudem umfassen, dass dem Vertreter zumindest für bestimmte Zeitabschnitte oder eine bestimmte Art von Kundengeschäften eine, ggf. auch nur über einen bestimmten Betrag hinausgehende, Provision endgültig nicht mehr zustehe und er damit gleichzeitig auch auf möglicherweise bestehende Ansprüche in rechtlich wirksamer und verbindlicher Weise verzichte. Die Einigung auf die Richtigkeit einzelner Abrechnungen oder deren Genehmigung durch den Vertreter reichten grundsätzlich nicht aus.

Jedenfalls enthielten die Erklärungen einen ausdrücklichen Vorbehalt für noch nicht ausgeführte und nicht in die Abrechnung einbezogene Geschäfte. Daher bestünde trotz der Erklärungen ein schutzwürdiges Interesse des Vertreters, mit dem Buchauszug zu prüfen, ob diese Geschäfte in nachfolgenden Abrechnungen Berücksichtigung gefunden hätten.

Kommentar zur Entscheidung

Vertreter hat Vollständigkeit der Buchungen anerkannt

Die vom Senat des Oberlandesgerichtes Köln geforderten Anforderungen an ein Saldoanerkenntnis sind überzogen. Zudem würdigt das Gericht die Erklärung des Vertreters leider nur unzutreffend. Soweit der Senat bemängelt wird, dass die Richtigkeit einzelner Abrechnungen oder deren Genehmigung nicht ausreiche, wird übersehen, dass der Vertreter die Buchungen in der Abrechnung und auf den für ihn geführten Konten nicht nur als richtig, sondern als vollständig anerkannt hat. Dies entspricht dem Erklärungswert der Abrechnung nach § 87 c Abs. 1 HGB. Deshalb kommt mit der Erklärung des Vertreters eine Einigung über die Abrechnung zustande.  

Anerkenntnis erfordert kein Verzichtwillen des Vertreters

Die Annahme, dass ein Anerkenntnis einen Verzichtswillen des Vertreters erfordere, erweist sich als nicht weiter belastbar. Der Unternehmer führte die Vertreterkonten in laufender Rechnung. Sie mündete jeweils mit dem in der Abrechnung festgestellten Saldo. Mit der Erklärung, den Schlusssaldo anzuerkennen, verzichtet der Vertreter nicht auf Provisionen.

Für das handelsrechtliche Kontokorrent i.S. der §§ 355 ff. HGB gilt ebenso wie für das außerhalb des Geschäftsverkehrs von Kaufleuten vereinbarte so genannte uneigentliche Kontokorrent, dass eine Anerkennung der Provisionsabrechnungen mit dem jeweiligen Saldo als Schuldanerkenntnis i.S. des § 782 BGB anzusehen ist. Die Saldoanerkennung zum Abschluss einer Rechnungsperiode bewirkt also, dass der Saldo im Wege des abstrakten Schuldanerkenntnisses i.S. des § 781 BGB anerkannt wird.

Dabei ist eine vom Vertreter durch Unterschrift vollzogene Bestätigung der Provisionen und Provisionsrückbelastungen als Bestätigung des zugleich mitgeteilten Schuldsaldos zu verstehen. Der Vertreter kann das von ihm abgegebene Anerkenntnis der Abrechnung allerdings wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangen, wenn er nachweist, dass er es ohne Rechtsgrund abgegeben hat.

Nach dieser als Kondiktion bezeichneten Rückforderungen steht ihm der Anspruch auf Buchauszug dann wieder zu. Deshalb erschöpft sich die praktische Bedeutung des Anerkenntnisses darin, dass die Beweislast im Hinblick auf Abrechnungsfehler umgekehrt wird.

Beschränkung des Anerkenntnisses

Der Annahme eines verbindlichen Schuldanerkenntnisses stehen auch Vorbehalte nicht zwangsweise entgegen. Das Anerkenntnis in diesem Streitfall sollte sich ausdrücklich nicht aufkünftige Ansprüche aus den vermittelten Geschäften erstrecken, die die vertretenen Unternehmer noch nicht ausgeführt haben und die noch nicht in die Abrechnung einbezogen worden sind. Da sich die Abrechnung nicht zu den künftigen Geschäften bzw. Provisionen verhält, handelt es sich auch nicht um einen Vorbehalt, der Ansprüche des Vertreters aus dem Abrechnungszeitraum betrifft. Der Vorbehalt stellt hier lediglich eine Klarstellung über den Umfang des Anerkenntnisses dar: es erstreckt sich nicht auf die künftigen und noch nicht in die Abrechnung einbezogenen Provisionen beziehungsweise Geschäfte.

Das schutzwürdige Interesse des Vertreters, mit dem Buchauszug prüfen zu können, ob die künftigen und noch nicht abgerechneten Geschäfte in den nachfolgenden Abrechnungen Berücksichtigung gefunden haben, steht der Einigung überhaupt gar nicht entgegen. Zur Prüfung künftiger Abrechnungen steht ihm der Buchauszug weiterhin zu. Die Beschränkung des Anerkenntnisses stellt lediglich klar, dass mit ihm kein Verzicht auf weitere Provisionen für nicht ausgeführte Geschäfte verbunden sein soll, was der Wirksamkeit entgegenstünde. 

Praxishinweise für Versicherungsvertreter

  1. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Köln reicht für eine Einigung über die Abrechnung nicht aus, dass Vertreter zu bestimmten Stichtagen die Richtigkeit und Vollständigkeit der jeweiligen Abrechnungsbuchungen, Provisionskontobuchungen und Stornoreservebuchungen bestätigen.
  2. Der Anspruch auf Buchauszug besteht danach fort, solange der Vertreter nicht ausdrücklich auf etwaige Provisionen verzichtet. 
  3. Da die Entscheidung einigen Anlass zu Kritik gibt, sollten Vertreter Anerkenntnisse nicht blindlings im Vertrauen auf sie abgeben. Dies gilt insbesondere, wenn sie fürchten, dass Provisionen rückständig sind.

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