Glatteis: Einfach zu Hause bleiben?

Mann stürzt bei Glatteis.
Foto: Panthermedia/astrid208
Wenn winterliche Straßenglätte es unmöglich macht, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen, liegt ein witterungsbedingt bestehendes Wegerisiko vor.

Schneefälle und Glatteis sorgen in Teilen Deutschlands für frostige Böden und spiegelglatte Straßen. Experten der Arag erklären, welche Rechte und Pflichten Arbeitnehmer bei diesem Wetter haben.

Einfach zu Hause bleiben?
Einfach nicht zur Arbeit erscheinen, wenn die Wetterverhältnisse mies sind, ist keine Option. Selbst wenn das mobile Arbeiten vertraglich geregelt ist, muss der Chef vom spontanen Fernbleiben der Arbeitsstätte informiert werden. Gibt es dazu keine Regelung, darf der Arbeitgeber erwarten, dass seine Mitarbeiter im Betrieb erscheinen – egal, ob es draußen stürmt, schneit oder spiegelglatt ist.

Bei Unwetter: Wer trägt das Wegerisiko? 
Wenn winterliche Straßenglätte es unmöglich macht, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen, liegt laut Arag ein witterungsbedingt bestehendes Wegerisiko vor. Und das trägt der Arbeitnehmer. Er muss grundsätzlich dafür sorgen, dass er pünktlich zur Arbeit kommt – auch bei widrigen Wetterverhältnissen. Wird der Arbeitnehmer durch höhere Gewalt an seiner Arbeitsleistung gehindert, entfällt deshalb sein Entgeltanspruch gegenüber dem Arbeitgeber.

Drohen Sanktionen, wenn man zu spät kommt? 
Da kein Verschulden der Arbeitnehmer vorliegt, wenn diese aufgrund des witterungsbedingten Straßenchaos‘ zu spät zur Arbeit kommen, besteht in der Regel auch keine Grundlage für Sanktionen, wie einem Verweis oder gar einer Abmahnung. Die Arag-Experten räumen aber ein, dass es Arbeitnehmern durchaus zuzumuten ist, bei anhaltend schlechter Witterung das Haus früher als gewohnt zu verlassen.

Muss man nacharbeiten? 
Die Pflicht, ersatzweise die verpassten Arbeitsstunden nachzuholen, hängt entscheidend von den arbeitsvertraglichen Gegebenheiten und ihrer Zumutbarkeit ab. So ist eine Nachleistung der liegengebliebenen Arbeit in Betrieben mit Gleitzeit sicherlich meistens möglich. Einer halbtags beschäftigten Mutter, die nach der Arbeit ihr Kind vom Kindergarten abholen muss, ist eine Nacharbeit nach der regulären Arbeitszeit aber nicht zuzumuten. 

Wer ist bei Glatteis für das Streuen zuständig?
Gängige Praxis ist es laut Arag, dass Gemeinden ihre Verkehrssicherungspflicht per Satzung oder Verordnung auf Eigentümer übertragen, deren Grundstücke an die Straßen der Gemeinde grenzen. Sind diese vermietet, überträgt der Eigentümer die Räum- und Streupflicht meist auf einen oder mehrere Mieter. Hierbei ist es wichtig, dass Vermieter darauf achten, diese Pflicht schriftlich zu fixieren – entweder im Mietvertrag oder in einer Hausordnung, die dann Teil des Mietvertrages werden muss. Denn sie sind diejenigen, die regulär für den Winterdienst zuständig und im Schadensfall mit verantwortlich sind. Daher müssen sie auch regelmäßig kontrollieren, ob ihre Mieter der Verpflichtung nachkommen. Tritt dennoch ein Unfall ein, übernimmt meist die private Haftpflichtversicherung des Mieters eventuelle Folgekosten wie etwa Schmerzensgeldzahlungen. Bei Vermietern kann die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung greifen. Übrigens: Weder Arbeitszeiten noch Krankheit befreien den Zuständigen von seiner Verkehrssicherungspflicht.

Was muss alles geräumt und gestreut werden?
Generell müssen die wichtigsten zum Grundstück gehörenden Zugänge begehbar sein. Dazu gehört der Hauseingang, aber auch der Zugang zu Garagen oder Mülltonnen. Private Flächen, die von Passanten nur als Abkürzung genutzt werden, müssen dagegen nicht geräumt und gestreut werden (OLG Hamm, Az.: 6 U 178/12). Der das Gebäude umgebende oder angrenzende Bürgersteig muss nicht komplett von Schnee oder Eis befreit sein. Hier reicht ein gekehrter Streifen aus, der es zwei Passanten erlaubt, aneinander vorbeizugehen.

Wann muss gestreut werden?
Auskunft über Räum- und Streuzeiten geben meistens entweder das jeweilige Landesgesetz oder die Ortssatzung. Sind diese nicht geregelt, herrscht für Frühaufsteher und Nachteulen Rutschgefahr. Denn an Werktagen kann nicht vor sieben Uhr morgens und nach 20 Uhr abends, an Sonn- und Feiertagen nicht vor acht oder neun Uhr morgens und nach 20 Uhr abends mit gestreuten Wegen gerechnet werden. Die Arag-Experten machen allerdings darauf aufmerksam, dass unter bestimmten Bedingungen Sonderregelungen gelten können. So haben laut einem Urteil des OLG Naumburg Restaurantbesitzer während ihrer Öffnungszeiten auch nach zwei Uhr noch darauf zu achten, dass ihre Wege sicher passiert werden können (Az.: 10 U 54/12). Und auch wenn zum Beispiel in Anbetracht der Wetterlage zu erwarten ist, dass sich während der Nacht Glatteis bildet, darf nicht etwa bis zum nächsten Morgen gewartet, sondern es muss vorbeugend gestreut werden, so das OLG Frankfurt (Az.: 21 U 38/03).

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