Gold – eine historisch einmalige Marktsituation

Der Goldmarkt ist wie leergefegt. Die Auswirkungen der Pandemie auf Verfügbarkeiten und Goldpreis sind extrem. Bei Gold erleben wir aktuell eine Verzehnfachung der Nachfrage im Vergleich zum Vorjahr. Das sowie der Stillstand des Großteils der Goldproduktion sorgen für Versorgungsengpässe. Rudolf Brenner, Gründer und Geschäftsführer der philoro Edelmetalle GmbH, kommentiert die aktuelle Lage am Goldmarkt.

Warum sollte man in Gold und andere Edelmetalle investieren?

Gold ist wohl die krisensicherste Anlageform überhaupt. Gold ist inflationsresistent und behält auch in Krisenzeiten seine Kaufkraft. Diese Stärke zeigt sich immer dann am deutlichsten, wenn es geopolitische Ereignisse gibt, wie zum Beispiel den Handelskonflikt zwischen den USA und China, die Flüchtlingskrise oder eben ganz aktuell die Corona-Pandemie. Diese Ereignisse beeinflussen auch die Aktienmärkte, die sich derzeit in der Krise befinden – das schürt den Run auf Gold noch weiter.

Im Lauf der Geschichte hat sich gezeigt, dass Gold gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten wertbeständigist. Das gilt für physisches Gold ebenso wie für mit Gold hinterlegte Anlageprodukte. Gold eignet sich daher hervorragend als langfristige Anlage und verringert zudem das Gesamtrisiko eines Portfolios. Derzeit empfehlenExperten, etwa zehn bis zwanzig Prozent des Vermögens in Gold anzulegen.

Sind die derzeitige Nachfrage und mithin der Goldpreis nicht schon zu hoch, um jetzt noch einzusteigen?

Die Nachfrage nach Gold, aber auch weiteren Edelmetallen in Form von Silber, Platin und Palladium,ist derzeit sehr stark. Bei Gold erleben wir aktuell eine Verzehnfachung der Nachfrage im Vergleich zum Vorjahr. Es kommt bereits zu Versorgungsengpässen. Weltweit haben die wichtigsten Münz- und Prägeanstalten entweder komplett geschlossen oder produzieren nur mit einem Bruchteil der normalen Kapazitäten – eine Auswirkung der globalen Pandemie, die auch diese Betriebe nicht verschont. Trotz dieser knappen Verfügbarkeiten, raten wir weiterhin zum Einstieg. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen erwarten wir, dass sich Gold längerfristig, jedenfalls über die nächsten zwölf Monate hinaus, hervorragend entwickeln wird. Zur Höhe des Goldpreises rufe ich die letzte Finanzkrise in Erinnerung. Anfangs fiel der Goldpreis von 1.000 Dollar auf 750 Dollar pro Feinunze. Aber innerhalb kürzester Zeit stieg er auf ein Rekordniveau von 1.900 Dollar im Jahr 2011.

Wie ist die aktuelle Situation der Goldhändler? Wie ist es um Handel, Lager und Logistik bestellt?

Den Anstieg der Nachfrage und die derzeitigen Versorgungsengpässe spüren natürlich auch die Händler: Die vorhandenen Bestände werden knapp und viele Goldhändler mussten den Verkauf stark zurückfahrenoder ganz einstellen.

Wir bei philoro haben im Zuge der Corona-Schutzmaßnahmen bereits seit dem 18. März 2020 unsere Filialen bis auf Weiteres geschlossen. Deswegen läuft der Online-Handelbei uns derzeit auf Hochbetrieb. Zwar bieten wir aktuell nicht das komplette Sortiment in allen Varianten, doch in Anbetracht der aktuellen Marktlage sind unser Angebot wie auch unsere Lagerbestände noch immer sehr gut und ausreichend. Dafür haben wir mit starken internationalen Partnern und unserer eigenen Barrenlinie vorgesorgt.

Die Verlagerung auf den Online-Handel wird vor allem in der Logistik spürbar. Post und Wertlogistik verzeichnen aktuell ein Auftragsvolumen, welches selbst das hohe Weihnachts-Niveau übersteigt. Wir haben entsprechend umstrukturiert, sodass unsere Beschäftigten in der Logistik gestaffelt im Einsatz sind.Dennoch sind längere Lieferzeiten aufgrund der enormen Auslastung aktuell unvermeidbar.

Die Bestände werden knapp. Rechnen Sie mit einer zeitnahen Normalisierung? Wie wird sich der Markt weiter entwickeln?

Die Frage der Verfügbarkeit wird noch länger ein Thema sein. Sollte der Stillstand in der Produktion weitere Wochen anhalten ist abzusehen, dass der Bezug von physischer Waren immer schwieriger wird. Und eine schnelle Entspannung ist nicht in Sicht: Die größten Goldproduzenten der Welt sitzen im südschweizer Tessin, im Grenzgebiet zu Italien, wo der Notstand ausgerufen wurde. Valcambi, Argor, Metalor und weitere große Hersteller haben die Produktion vorerst stillgelegt. Mit der South African Mint und der Royal Canadian Minthaben weitere renommierte Prägeanstalten geschlossen. Die australische Perth Mint hat noch geöffnet, muss jedoch zwei Millionen Silberunzen nachprägen und ist damit erstmal ausgelastet. Selbst wenn die großen Goldproduzenten in den nächsten Wochen nach und nach die Produktion wieder hochfahren, so bleibt die Verknappung noch lange darüber hinaus bestehen, bis sich die regelmäßige Versorgung aller Verkäufer wieder eingependelt hat.

Betrachten wir den Gesamtmarkt fällt auf, dass institutionelle Kunden aufgrund knapper Verfügbarkeiten von Barren und Münzen bereits ausweichen. Sie setzen vermehrt auf Exchange Traded Commodities (ETCs), also goldgedeckte Indexfonds, die eine Art Schuldverschreibung des ETC-Anbieters sind. Bei den Privatanlegern ist diese Entwicklung Stand jetzt noch nicht angekommen. Sie wollen das Gold lieber im Tresor wissen.

Foto: Shutterstock

 

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