Börse Stuttgart TV im Gespräch mit Professor Dr. Hendrik Wolff, Vorstand der Wolff & Häcker Finanzconsulting AG, über die vermeintlich sicheren Geldanlagen Gold und Festgeld.
Die Deutschen sind bei der Geldanlage sehr sicherheitsbewusst. Das lässt sich daran ablesen, dass viele ihr Geld auf ein Festgeld- oder Tagesgeldkonto legen. Manch andere setzen mit Gold eher auf Sachwerte. Dies sind beliebte Formen der Geldanlage – aber bergen sie keinerlei Risiken? Darüber spricht Börse Stuttgart TV heute mit Professor Dr. Hendrik Wolff von der Wolff & Häcker Finanzconsulting AG.
Börse Stuttgart TV: Herr Wolff, warum haben die privaten Anleger in den letzten Jahren so stark auf diese Anlageformen gesetzt?
Wolff: Die deutschen Privatanleger waren im internationalen Vergleich immer schon eher risikoavers. Risikobehaftete Anlageformen wie Aktien, Private Equity und so weiter spielten traditionell eine geringe Rolle.
Zudem haben die Turbulenzen der letzten Jahre, Stichwort Finanzmarktkrise und Bankenkrise, dazu geführt, dass private Anleger noch mehr auf die vermeintliche Sicherheit gesetzt haben. Goldbarren und Goldmünzen wurden gekauft und ein Großteil der Einlagen von Banken gehalten.
Bankeinlagen machen immerhin 40 Prozent des privaten Geldvermögens aus und man schätzt, dass etwa fünf bis zehn Prozent des Vermögens in Gold angelegt ist. Damit ist dieser Anteil immer noch höher als Aktieninvestments.
Börse Stuttgart TV: Welche Schwächen weisen die gerade genannten Anlageformen Festgeld und Gold in der aktuellen Situation aus?
Wolff: Schaut man sich die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland mit der sehr robusten Konjunktur und den etwas anziehenden Inflationsraten an, dann bräuchten wir eigentlich höhere Festgeldzinsen.
Allerdings schaut die EZB mit ihrer Niedrigzinspolitik zur Zeit in Richtung Südeuropa zu den Ländern, denen es nicht so gut geht.
Wir haben Festgeldzinsen zwischen einem halben und eineinhalb Prozent und da ist es natürlich nach Steuern in keiner Weise möglich, die Inflation zu besiegen.
Richten wir unser Augenmerk auf Gold, dann sehen wir, dass der Goldpreis in den letzten Jahren sehr gut gelaufen ist. Wir haben in den letzten zehn Jahren eine Versechsfachung des Goldpreises erlebt.
Geht man allerdings etwas weiter zurück, dann sieht man in den achtziger Jahren ein Minus von zehn Prozent und in den neunziger Jahren ein Minus von 30 Prozent. Somit ist der Goldpreis nicht der Bringer, der sich automatisch jedes Jahr nach oben entwickelt und – ein ganz wichtiger Punkt in unseren Augen – man erzielt keine Erträge.
Der Goldbarren wächst nicht im Safe, er ist immer gleich groß. Der Preis bildet sich nur Aufgrund von Angebot und Nachfrage und nicht auf Basis von Produktivitätssteigerungen.
Börse Stuttgart TV: Sie haben das Thema Inflation bereits angesprochen. Wie gefährlich kann es werden, wenn man ausschließlich auf Gold und Festgeld setzt.
Wolff: Legt man beispielsweise die nächsten zehn Jahre die Hälfte seines Vermögens in Gold und die andere Hälfte in Festgeld an und geht man davon aus, dass die Festgeldzinsen niedrig bleiben, um rund ein Prozent, nach Steuern dann nochmal etwas weniger, der Goldpreis bliebe etwa gleich und wir hätten eine Inflation von etwa drei Prozent im Jahr, was von vielen Wirtschaftswissenschaftlern nicht ausgeschossen wird, dann hieße das nach zehn Jahren ein Kaufkraftverlust von rund 25 Prozent.
Wenn wir 100 Euro einsetzen dann hätten wir also noch 75. Dieses Risiko wird in unseren Augen von den privaten Anlegern viel zu wenig beachtet.
Börse Stuttgart TV: Wie sieht denn in Ihren Augen eine gute mittel- bis langfristige Strategie für den Privatanleger aus?
Wolff: Da gehören natürlich Immobilien, Renten, sowie Staats- und Unternehmensanleihen und Versicherungen dazu. In unseren Augen ist in der jetzigen Situation aber auch eine gewisse Aktienquote wichtig.
Im Allgemeinen kann man sagen: Umso länger der Anlagehorizont ist, umso höher sollte die Aktienquote sein. Wer zehn oder 15 Jahre Zeit hat, der sollte ruhig über eine Aktienquote von 30 bis 50 Prozent nachdenken. Da sind wir in Deutschland noch sehr weit von entfernt – in unseren Augen zu unrecht.
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