Bemerkenswert ist vor allem der Anstieg zwischen Jahresanfang und Sommer: Denn trotz höherer Zinsen, eines stärkeren Dollars sowie weiter anhaltender Abflüsse aus börsengehandelten Goldfonds legte der Goldpreis zu. Maßgeblich für die Aufwärtstendenz waren vielmehr die anhaltenden Käufe der Zentralbanken und die zunehmenden Spannungen in der Geopolitik.
Darüber hinaus wurde und wird Gold nach wie vor vom Ausschluss russischer Banken aus dem internationalen Bankennetzwerk SWIFT im Frühjahr 2022 gestützt. Diese Sanktionsmaßnahme signalisierte Regierungen und Zentralbanken rund um den Globus, dass die Verwahrung von Auslandsvermögen in Dollar mit Risiken verbunden ist. Allen voran die asiatischen Zentralbanken erhöhen ihre physischen Goldvorräte seither kontinuierlich. Diese Entwicklung unterstreicht das wachsende Vertrauen in Gold als unabhängige Wertanlage und sicheren Hafen – speziell in einem von geopolitischen Spannungen und währungspolitischen Risiken geprägten Umfeld.
Sinkende Zinsen, steigende Goldpreise
Und zuletzt hat natürlich die lang ersehnte Zinswende der US-Notenbank dazu beigetragen, dass das Edelmetall Mitte Oktober ein Allzeithoch von rund 2.688 Dollar je Feinunze erreicht hat. In der Gemeinschaftswährung gerechnet, erreichte Gold am 17. Oktober mit etwa 2.475 Euro je Unze das höchste jemals erreichte Niveau.
Die Senkung der US-Leitzinsen um gleich 50 Basispunkte wurde von den Märkten erfreulich aufgenommen, hat sich Gold in Phasen sinkender Zinsen in der Vergangenheit doch zumeist überdurchschnittlich positiv entwickelt. Die einfache Arithmetik: Sinkt der Realzins, wirkt dies positiv für Gold, weil es im Unterschied zu Anleihen keine regelmäßigen Erträge abwirft. Im Schnitt erzielte das weltweit wichtigste Edelmetall in den 500 Handelstagen nach der ersten Zinssenkung der Fed eine kumulierte Rendite von rund 25 Prozent.
Gleiches gilt, wenn der Dollar schwächer wird: Historisch betrachtet fällt ein schwächerer Greenback häufig mit einem Anstieg des Goldpreises zusammen. Anleger aus dem Dollarraum kaufen Gold als Absicherung gegen eine weitere Abwertung, während das Edelmetall für Investoren aus dem Nicht-Dollar-Raum günstiger wird. Zinssenkungen seitens der Fed schwächen in der Regel die US-Währung, was die Attraktivität von Gold für globale Anleger weiter erhöht.
Anleger kommen auf den Geschmack
Mut macht auch, dass der Tiefpunkt der Gold-ETF-Bestände durchschritten scheint: Laut dem World Gold Council, dem Branchenweltverband der Goldindustrie, verzeichneten mit Gold besicherte ETFs im September weltweit Nettozuflüsse von 1,4 Milliarden Dollar. Es war der fünfte Anstieg in Folge. Nordamerika steuerte den größten Anteil bei, während in Europa leichte Abflüsse zu verzeichnen waren. Die jüngsten Zuflüsse führten dazu, dass die weltweiten Gold-ETFs seit Jahresbeginn zwischenzeitlich – trotz der Abflüsse zwischen Januar und April – mit 389 Millionen Dollar im Plus liegen. Damit zeichnet sich nun eine nachhaltige Trendwende ab, nachdem die börsengehandelten Goldfonds in den vergangenen drei Jahren angesichts der hohen Zinsen teils deutliche Abflüsse verzeichneten.
Rückenwind erhielt Gold auch aus Indien. Mit Goldimporten im Gegenwert von 10,1 Milliarden Dollar verzeichnete der Subkontinent laut World Gold Council im August einen neuen Rekord. Dieser Betrag steht für rund 140 Tonnen Gold. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einer Verdoppelung, bezogen auf den Vormonat sogar einer Verdreifachung. Händler führen dies auf die Senkung der Einfuhrzölle von 15 auf sechs Prozent im Juli und die nun bevorstehende Festtags- und Hochzeitssaison zurück.