Die Tendenz ist steigend. Spitzenreiter ist der VW-Konzern, dessen Ex-Vorstände Anspruch auf Altersbezüge in Höhe von 396 Millionen Euro haben, gefolgt von Daimler mit 362 Millionen Euro. Addiert man die bereits erworbenen Ansprüche der derzeit aktiven Dax-Vorstände, kommen weitere gut 430 Millionen Euro hinzu.
Die Gesamtsumme ist noch höher, da nicht alle Unternehmen Angaben zur Altersvorsorge für ihre Spitzenkräfte machen, so Linde und die Munich Re. Auch ist die Altersvorsorge zum Teil nach unterschiedlichen Bilanzierungsmethoden ausgewiesen.
Dabei sind die Vorstandsgehälter so hoch, dass die Spitzenmanager durchaus auf eigene Kosten für den Lebensabend vorsorgen könnten. VW-Chef Herbert Diess etwa bekam im vergangenen Jahr 7,7 Millionen Euro.
Als Begründung für die üppige Altersvorsorge dient häufig das Argument, dass es andere Unternehmen auch so machen: „Das Vergütungssystem der Vorstandsmitglieder wird vom Aufsichtsrat festgelegt und beinhaltet aktuell auch einen marktüblichen und angemessenen Beitrag zu einer betrieblichen Altersversorgung“, heißt es bei Daimler.
VW verweist darauf, dass die Pensionsrückstellungen der Volkswagen AG für die betriebliche Altersvorsorge der gesamten Belegschaft sich Ende 2020 auf rund 45,1 Milliarden Euro summierten. „Der Anteil für aktuelle und ausgeschiedene Vorstandsmitglieder liegt damit bei unter einem Prozent“, sagt ein Sprecher. „Die Höhe der Vorstandsvergütung soll im nationalen und internationalen Vergleich angemessen und attraktiv sein.“ Mitsprache bei der VW-Altersvorsorge hat auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der im Aufsichtsrat sitzt. Die Staatskanzlei in Hannover ließ eine Anfrage unbeantwortet.
„Marktüblich“ ist ein dehnbarer Begriff, denn die Altersversorgung ist keineswegs überall so reichhaltig: Nur VW und Daimler haben mehr als 350 Millionen für ihre Spitzenpensionäre zurückgelegt. Jeweils über 200 Millionen sind es bei Deutscher Telekom, Deutscher Bank, BASF und Bayer. Auch die Telekom ist ein teilstaatliches Unternehmen, in dessen Aufsichtsrat Finanzstaatssekretär Rolf Bösinger sitzt.
Gegenpol zu VW und Daimler
Sechs andere Unternehmen hingegen sind mit jeweils weniger als 50 Millionen vergleichsweise sparsam: der Softwarehersteller SAP, Fresenius und die mit dem Mutterkonzern verbundene Fresenius Medical Care, das Wohnungsunternehmen Vonovia, der Triebwerkshersteller MTU und das Chemieunternehmen Covestro.
Die kleineren Dax-Konzerne sind tendenziell weniger freigiebig. Doch legen auch einige hochprofitable große Unternehmen wie SAP vergleichsweise bescheidene Summen für die Spitzenmanagervorsorge zurück, während die seit Jahren an Ergebnisschwäche leidende Deutsche Bank ihre Vorstände sehr großzügig bedenkt.
Den Gegenpol zu VW und Daimler bilden die Deutsche Wohnen und der Essenslieferant Delivery Hero, die dem Führungspersonal die Altersvorsorge selbst überlassen und keine Betriebsrenten zahlen.
Für die Managergehälter gibt es zahlreiche Transparenzvorschriften. Doch an den Pensionsverpflichtungen zeigt sich in den Geschäftsberichten, dass sich die Gesamtkosten der Spitzenetage einigermaßen elegant verstecken lassen.
„Beitrag zur Intransparenz“
Die Gesamtvergütung der Vorstände wird in der Regel nach Handelsgesetzbuch (HGB) ausgewiesen, ohne Altersvorsorge. Und abgesehen davon fehlen in den Gesamtvergütungstabellen auch die laufenden Zahlungen an Ehemalige, die ebenfalls hoch sind.
Beispiel Siemens: Der aktive Gesamtvorstand wurde im vergangenen Jahr mit 26,5 Millionen Euro entlohnt, die Ehemaligen und Pensionäre bekamen 16 Millionen – wobei Siemens diese Zahlen anders als manch anderes Unternehmen nicht im hinteren Teil des Geschäftsberichts im Anhang versteckt oder ganz verschweigt.
„Ein immer größerer Teil der Vergütung wurde in die Altersvorsorge verlagert“, kritisiert Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Aktionärsvereinigung DSW und Mitglied der Regierungskommission zum Deutschen Corporate Governance Kodex. „Das trägt zur Intransparenz bei, da die tatsächliche Höhe der Vergütung nicht mehr nachvollziehbar ist. Es spräche nichts dagegen, diesen Zopf abzuschneiden.“
Da deutsche Konzerne im Wettbewerb mit internationalen Unternehmen stehen, würde dies nach Tünglers Einschätzung nicht einmal zu nennenswerten Gehaltseinbußen führen: „Ein Verzicht auf Pensionszusagen würde dazu führen, dass die Fixgehälter steigen. Doch das wäre aus unserer Sicht die bessere und transparentere Lösung.“ (dpa-AFX)