Goldkäufe: Wissen Zentralbanken etwas, das wir nicht wissen?

Die gängigen Narrative, die oft als Erklärungen herangezogen werden.

Hierzu gibt es viele Ansätze. Die meisten davon beziehen sich auf eine generelle Machtverschiebung zu aufstrebenden Ländern und einen wachsenden Vertrauensverlust dem Westen gegenüber. Dazu gehören unter anderem:

  • Wertschöpfungskette verschiebt sich vom Westen in den  Osten, vor allem Richtung BRICS
  • Sowohl das Wirtschaftswachstum als auch Innovation kommen vermehrt aus dem „Nicht -Westen“
  • Dabei verlieren dann auch die traditionellen Instrumente (Dollar, Euro) immer mehr an Einfluss und Bedeutung
  • Wachsende Konflikte und Spannungen, sowohl geopolitisch (Ukraine/Israel/Taiwan) als auch lokal („Ruck nach Rechts“)
  • Diese tragen nicht nur zur allgemeinen Unsicherheit, sondern auch zur erneuten Fragmentierung der globalisierten Welt bei
  • Expansive Geldpolitik im Westen, dazugehörige Geldentwertung und nur geringes Wachstum sowie Produktivitätssteigerungen
  • Ein genereller Vertrauensverlust in das traditionell westliche System und damit auch die dominanten Währungen US-Dollar, Euro und Pfund

In diesen Zusammenhang werden dann auch die steigenden Goldkäufe der Zentralbanken aus den aufstrebenden Ländern gebracht. „Der Westen stagniert, der Osten floriert, alles verschiebt sich Richtung Osten“. Das scheint auf den ersten Blick auch gut zu harmonieren.

Gibt es also Gründe zur Sorge aus Sicht der Normalverbraucher im Westen?

Wir denken nicht. Auch wenn jedes dieser Narrative im Einzelnen sicherlich seinen Bestand hat, scheinen diese nur wenig zur Deutung der Gesamtentwicklung beizusteuern. Weder das Timing noch die Länge des Trends scheinen bei genauer Betrachtung mit den Narrativen übereinzustimmen.

Wissen Zentralbanken also doch mehr als wir?

Nicht unbedingt. Die oben genannten Narrative und dazugehörigen Entwicklungen sind der breiteren Bevölkerung schon lange bekannt und werden seit Jahren öffentlich diskutiert. Hier gibt es wenig Neues oder dramatisch Geheimes.

Man darf meinen, dass die Bürgerinnen und Bürger im Westen recht gut über die oben genannten Narrative informiert sind und deren Zentralbanen nur geringfügige Informationsvorteile haben, wenn überhaupt.

Nichtsdestotrotz ist der Trend der kontinuierlich steigenden Goldkäufe durch Zentralbanken sowie der Ost/West Unterschied weiterhin da und scheint sich fortzusetzen. Es muss also alternative Erklärungsansätze hierfür geben.

Die Erklärung könnte woanders liegen.

Wie Anfangs angedeutet, ist Zentralbank nicht gleich Zentralbank. Es stimmt zwar, dass Zentralbanken als Gesamtgruppe stetig mehr Gold kaufen, und ja, es gibt klare Unterschiede zwischen West und Ost. Der Osten kauft vermehrt, während der Westen größtenteils unverändert bleibt oder verkauft.

Im Sinne von Zentralbanken und Gold gibt es keine Verschiebung von West nach Ost, wie es zum Beispiel bei den Wertschöpfungsketten der Fall ist. Denn der Westen verkauft seine Goldreserven ja nicht ab, sondern hält diese stabil auf einem unverändert sehr hohen Niveau – muss also auch gar nicht mehr dazukaufen und tut dies auch nicht.

Dennoch besteht weiterhin die Frage „warum kaufen diese vier so systematisch mehr?

Ist es ein Vertrauensverlust den westlichen Reservewährungen gegenüber? Werden diese durch Sachwerte ersetzt? Brodelt da etwas und droht uns im Westen eine Krise? Die Daten geben diese Interpretationen nicht her.

Aus unserer Sicht könnte die Erklärung hierfür simpler und weniger aufregend sein und zwar der Anteil von Gold innerhalb der Gesamtreserven. Hierzu folgende Daten:

Goldanteil der Gesamtreserven in Prozent

USA: 70 Prozent                

Deutschland: 70 Prozent              

Italien: 66 Prozent  

 China: 4 Prozent   

Russland: 26 Prozent        

Indien: 9 Prozent

Die führenden westlichen Länder haben schon längst all das physische Gold, das sie zur Sicherung ihrer Währung brauchen könnten. Der Anteil liegt bei 60 bis 70 Prozent der Gesamtreserven. Ein Vergleich offenbart sofort die viel zu geringe Deckung der Reserven durch Gold im Osten. Sprich, der Osten hat hier viel Nachholbedarf.

Diese Länder haben viel produziert, sind stark gewachsen und haben dabei Währungsreserven angehäuft. Dabei haben diese es jedoch vernachlässigt, den Mix ihrer Reserven zu managen und auf eine stabile Basis zu stellen. Es ist einfach, deren Anteil ist zu gering und sie müssen aufstocken.

Unser Fazit: Hier gibt es nichts zu sehen.

Für die Normalverbraucher gibt es in diesem Trend keinerlei Grund zur Sorge. Keines der aktuellen Narrative ist hier relevant. Unsere Zentralbanken haben die Lektionen aus den vielen Währungskrisen und Hyperinflation verinnerlicht und vorgesorgt. Diese sitzen auf den höchsten Goldreserven der Welt und müssen überhaupt nichts tun.

Die vier Länder folgen hier eher unserem Beispiel und stocken Ihren Goldanteil nur so gut es geht auf. Ein komplett nachvollziehbares und natürliches Resultat von Wirtschaftswachstum.

Dabei ist zu erwähnen, dass es nahezu unmöglich für diese Länder ist, den Westen jemals aufzuholen, solange der Westen nicht verkauft. Denn so viel Gold gibt es auf der Welt gar nicht mehr abzubauen.

Somit ist es ausnahmsweise mal eine beruhigende Nachricht. Wir sind hier gut abgesichert und die steigenden Käufe durch den Osten verändern kaum etwas an der Ausgangslage.

Patrick Zimmermann ist Co-Founder des Berliner Fintechs Goldie Tech GmbH.

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