Goldpreisboom: Wie sich der Preis des Edelmetalls 2021 entwickelt

Thorsten Polleit, Chefvolkswirt von Degussa Goldhandel
Foto: Degussa
Thorsten Polleit, Chefvolkswirt von Degussa Goldhandel

Thorsten Polleit, Chefvolkswirt Degussa Goldhandel, kommentiert die aktuelle Entwicklung von Gold, Silber und Co. und gibt einen Ausblick für 2021.

Thorsten Polleit, Chefvolkswirt Degussa Goldhandel, kommentiert die aktuelle Entwicklung von Gold, Silber und Co. und gibt einen Ausblick für 2021.

Der Goldpreis hat am 4. August 2020 die Marke von 2.000 US-Dollar pro Feinunze übersprungen – und stieg danach bis auf 2.031 US-Dollar pro Unze in der Spitze. Auch in Euro gerechnet hat der Goldpreis einen neuen Rekordpreis von mehr als 1.714,50 US-Dollar erreicht.

Silber folgte im Sog von Gold

Der Silberpreis zog gestern ebenfalls kräftig an: Er stieg um 6,5% gegenüber dem Vortag und handelt derzeit bei 26,08 US-Dollar. Der Preis für Platin stieg um 2,7% auf 933,30 US-Dollar, der Palladiumpreis verteuerte sich um 0,5% auf 2.131,32 US-Dollar.

Gründe für den Anstieg

Für den Goldpreisanstieg lässt sich eine Reihe von Gründen anführen. So ist unter „Profis“ die Nachfrage nach physischer Ware weiterhin groß. Das deuten z. B. die erhöhten physischen Auslieferungen an der COMEX an – die wiederum auf ein geringeres Vertrauen in „Papiergold“ schließen lassen.

Gold als sicherer Hafen

Zudem wird Gold von vielen Anlegern als „sicherer Hafen“ nachgefragt: Denn die Unsicherheit über die Folgen der politisch diktierten Lockdown-Krise baut sich langsamer ab als erwartet; die Sorge vor Instabilitäten im internationalen Finanzsystem nimmt zu; die Konfrontation zwischen den USA und China erzeugt neue geopolitische und ökonomische Risiken für die Weltwirtschaft.

Weltweite Geldpolitik entscheidend

Von ganz entscheidender Bedeutung ist jedoch die weltweite Geldpolitik: Die Zentralbanken setzen ihre inflationäre Geldpolitik fort, und die anschwellenden Geldmengen treiben die Güterpreise – die Konsumgüter- als auch die Vermögenspreise – in die Höhe. Eine Abkehr von dieser Geldpolitik, die die Kaufkraft der Währungen herabsetzt, ist nicht in Sicht – und das erhöht die Goldnachfrage.

Der Zinsfaktor

Auf den Zinsmärkten bauen sich zudem Spekulationen auf, die US-Zinsen könnten – ähnlich wie im Euroraum – ebenfalls auf beziehungsweise unter die Nulllinie fallen. In den letzten Tagen sind die ohnehin bereits sehr niedrigen US-Zinsen noch weiter gefallen: Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe liegt derzeit bei 0,51 Prozentpunkten, die für 30-jährige Staatsanleihen bei 1,18 Prozentpunkten (siehe nachstehende Graphik).

US-Zinsverfall treibt Goldpreis weiter an: Ausgewählte US-Zinsen in % und Goldpreis (USD/oz)

Der Zinsfaktor ist von großer Bedeutung: Die US-Zinsen sind de facto die Weltleitzinsen. Ohne positive US-Zinsen verliert das Weltfinanzsystem seinen letzten Kompass, gerät in einen völligen Blindflug. In einem solchen Fall droht ein „Bewertungschaos“ auf den Finanzmärkten, denn der Zins ist ein unverzichtbarer Faktor zu Preisfeststellung von Aktien, Anleihen und Rohstoffen.

Warum Gold attraktiver als ungedeckte Währungen ist

Die Aussicht auf Null- oder gar Negativzinsen in den USA hat zudem Auswirkungen auf das Preisverhältnis zwischen US-Dollar, allen anderen ungedeckten Währungen und Gold. In einer Nullzinswelt wird das Halten von Gold attraktiver gegenüber dem Halten von ungedeckten Währungen, und zwar aus mindestens drei Gründen:

1. Das Halten von Gold (und Silber) verursacht keine Opportunitätskosten mehr. 

2. Gold versichert gegen den Kaufkraftverlust der ungedeckten Währungen, der sich in einem Umfeld von Null- und Negativzinsen unweigerlich einstellt.

3. Das Gold trägt – anders als Bankguthaben – kein Kredit- beziehungsweise Zahlungsausfallrisiko.

Der Preisboom geht weiter

Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass der Preisboom bei den Edelmetallen weitergeht, insbesondere bei Gold und Silber. Es sei jedoch betont: Es gibt keine Garantie, dass sich der Preisauftrieb im bisherigen Tempo fortsetzt, und dass es keine vorübergehenden Preisrücksetzer geben wird. Wie kann der Anleger am besten vorgehen?

Langen Anlagehorizont wählen

Indem er einen möglichst langen Anlagehorizont wählt. Wer mit einem langfristigen Horizont operiert (von, sagen wir, drei, fünf oder mehr Jahren), der hat nach wie vor gute Gründe, Gold und Silber auch bei den aktuellen Preisen zu erwerben: Denn die Wahrscheinlichkeit, dass die Preise für Gold und Silber künftig viel höher stehen als heute, steigt mit der Länge des Anlagehorizonts.

Fortgesetzter Aufwärtstrend

Vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehnisse kann der Goldpreisanstieg kurzfristig sich durchaus noch bis etwa 2.200 US-Dollar pro Unze fortsetzen (das wäre ein Preiszuwachs von ca. 9%), der Silberpreis bis auf knapp 29 US-Dollar (ein Preiszuwachst von ca. 16%) – ohne dass eine „Blase“ zu diagnostizieren wäre.

Goldpreis von 2.700 US-Dollar?

Setzt sich die starke Geldmengenausweitung fort, und fallen dabei die Zinsen weiter, ist ein Goldpreis von 2.700 US-Dollar pro Unze bis Mitte 2021 (ein Preiszuwachs von ca. 34 Prozent) aus unserer Sicht wahrscheinlich. Mehr dazu im nächsten Degussa Marktreport, der am 13. August 2020 erscheint.

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