Am Freitag dem 12. April fiel der Goldpreis an einem Nachmittag um 4 Prozent und am darauffolgenden Montag um weitere 9 Prozent. Für viele Goldanleger war diese Baisse herb und fühlte sich wie ein Crash an, nachdem der Goldpreis sich schon seit November 2011 in einer Korrekturphase befand.
Gastbeitrag von Roland Leuschel, Börsenexperte
Aber auf langfristige Sicht handelt es sich eher um eine unbedeutende Episode, eine Art “Marktbereinigung”.
Alles begann mit dem Jahr 1971
US-Präsident Nixon hatte im Jahre 1971 einseitig das internationale Bretton Woods Währungsabkommen von 1944 und damit die Bindung des amerikanischen Dollars an Gold aufgekündigt. Der damalige Goldpreis schwankte zwischen 44 und 37 Dollar pro Feinunze.
Ja, Sie haben richtig gelesen, und heute nach der scharfen Korrektur vom April dieses Jahres hat sich der Goldpreis auf 1.450/1.500 Dollar eingependelt, also das 36-fache des damaligen Preises. Aber der Weg zu diesem Niveau war keine Einbahnstraße, sondern ein holpriger, mit starkem Gegenverkehr. Meine damals angelegten 10.000 Dollar sind mittlerweile 360.000 Dollar wert, und dies ohne jemals auch nur einen Cent an Ertragssteuern an das Finanzamt abführen zu müssen; denn Gold wirft keine Erträge ab, und in einem Land wie Belgien sind auch Kapitalgewinne steuerfrei.
Nach einer Berechnung des Rohstoffexperten Prof. Dr. Thorsten Polleit stieg der Goldpreis vom Januar 1971 bis März 2013 um durchschnittlich 10,4 Prozent pro Jahr. Das ist gewaltig.
Hausse 1. Teil : 1971 bis 1980
Von 35 Dollar im Jahre 1971 stieg der Goldpreis zunächst einmal auf 195 Dollar im Dezember 1974, dann krachte es zum ersten Mal. Eine über ein Jahr dauernde Korrektur drückte den Preis um fast 50 Prozent auf 103 Dollar im August 1976, dann setzte die eigentliche Hausse ein und katapultierte den Goldpreis auf 850 Dollar am 21. Januar 1980, also um das Achteinhalbfache.
In der Endphase dieses Teils der Hausse wies der Markt alle Zeichen einer Spekulationsblase auf, und genau in dieser Phase änderten sich die fundamentalen Rahmenbedingungen: Paul Volcker wurde Chef der amerikanischen Notenbank und erhielt vom damaligen Präsidenten Jimmy Carter den Auftrag, die Inflation zu bekämpfen.
Paul Volcker hatte den Mut, die Zinsen bis auf 20 Prozent zu erhöhen, der Preis dafür war allerdings hoch: Es gab zwei Rezessionen, und Jimmy Carter verlor seinen Job. Paul Volcker hingegen wird in die Finanzgeschichte als der Mann eingehen, dem es gelang die Inflation zu besiegen. Er war fürwahr ein Held.
Zusammenfassend kann man aus heutiger Sicht beurteilen, dass die 20-jährige Baisse am Goldmarkt insofern berechtigt war, als sich durch den Rückgang der Inflation die fundamentalen Daten für Gold geändert hatten.
Hausse 2. Teil : 2002 bis 2011
Erneut “bullish” für Gold wurde ich zu Beginn des Jahres 2000. Claus Vogt und ich machten uns damals an die Arbeit, die Konsequenzen der ultraleichten Geldpolitik des damals wie ein Pop-Star von der Finanzwelt vergötterten Fed-Chefs Alan Greenspan zu analysieren. In unserem Buch “Das Greenspan Dossier” empfahlen wir mindestens 25 Prozent des Geldvermögens in Gold und andere Edelmetalle zu investieren. Der Goldpreis notierte damals knapp über 300 Dollar pro Feinunze, war aber immerhin nach der langjährigen Baisse seit 1980 noch neunmal höher als 1973.
Hausse 3. Teil : 2013 bis ?
In einem Ordner sammle ich seit 1971 Analysen, die von dem Ende der Gold-Ära sprechen. Ich erinnere mich an die vielen Experten, die 1971 darlegten, warum der Goldpreis zurück fallen würde, da nach dem Rückzieher von Präsident Nixon die Notenbanken als Käufer von Gold ausfallen würden, da Gold jede Bedeutung als Währung verloren hätte. Es kam aber anders, und der Goldpreis stieg.
Auch in den Jahren 2008/2009, als Gold bei 1.000 Dollar notierte, prognostizierten viele Analysten das Ende der Gold-Ära. Zahlreiche Charttechniker sprachen von dem sogenannten Doppel-Topp, das dem der Jahre 1979/80 gleiche und leiteten daraus eine erneute Baisse-Periode von 20 Jahren ab.
Mittlerweile sind meine beiden Ordner bearisher Goldpreisprognosen zum Bersten voll, und ich habe einen neuen angelegt, und gerade jetzt sind wieder viele Studien unterwegs, die das Ende der Gold-Hausse vorhersagen, zum Beispiel die Analyse der Société Générale, die Anfang April einen “special report” mit dem Titel “The end of the gold era” vorlegte.
Günstige Kaufgelegenheit
Der Anleger sollte folgende Gründe bei der Verwaltung seines Vermögens nicht vergessen:
1. Langfristig betrachtet hat Gold seine Kaufkraft erhalten und ständig erhöht.
2. Kurzfristig betrachtet könnte die Korrektur am Goldmarkt eine günstige Kaufgelegenheit sein, da in den kommenden Jahren ein noch größerer Schub des Goldpreises bevorsteht. Die meisten Staaten (die Schweiz ausgenommen) sitzen in der Schuldenfalle, und fast alle Politiker sind wild entschlossen, die Inflationskarte auszuspielen. Die Unabhängigkeit der Notenbanken existiert nicht mehr, wie das besonders am Beispiel Japans kürzlich illustriert wurde.
3. Es entsteht der Eindruck, dass der Goldpreis nicht die wirklichen Marktverhältnisse von Angebot und Nachfrage widerspiegelt, sondern künstlich gedrückt wird. So hat ein Edelmetallhändler der LBMA (London Bullion Market Association, die jeden Tag den offiziellen Goldpreis festsetzt) gestanden: “Keine Notenbank will einen Run aufs Gold, er würde nur deutlich machen, wie stark das Vertrauen in die Papierwährung sinkt.”
4. Die Kosten, um eine Unze Gold zu produzieren, sind mittlerweile auf über 1.300 Dollar im Durchschnitt gestiegen. Bei einem aktuellen Preis um 1.500 Dollar die Feinunze von einer Blase zu sprechen, ist daher absurd.
“Am Golde hängt, zum Golde drängt doch alles”
Diese Weisheit hat unser größter Dichter und Denker Goethe in seinem Faust preisgegeben.
Ich kann mir derzeit nicht vorstellen, dass der weltweite Einsatz der Gelddruckmaschinen der Notenbanken in der Lage ist, die zu erwartende Wirtschaftsrezession aufzuhalten. Ich kann mir aber vorstellen, dass mehr und mehr Anleger Gold als Anlage zur Sicherung ihrer Kaufkraft sehen.
Bisher hat Gold in der allgemeinen Anlagepolitik eine völlig unbedeutsame Rolle gespielt. Nach Berechnungen des World Gold Council sind ungefähr 1 Prozent des gesamten Anlagevermögens in Gold investiert. Es ist daher erstaunlich, wie groß das Medieninteresse bei dem jüngsten Gold-Crash war.
Ich könnte mir aber vorstellen, dass das Interesse vieler Anleger für Gold dadurch erst einmal geweckt wurde. Ich würde also erheblich höhere Goldpreise in der Zukunft erwarten, wobei ich die Prognose des Anlagestrategen der Société Générale Albert Edwards, der Gold bei über 10.000 Dollar pro Feinunze sieht, für zu extrem halte. Aber wenn wir am Jahresende wieder bei 1.800 sind, können wir ja eine neue Analyse machen.
Roland Leuschel studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Karlsruhe und Volkswirtschaftslehre an der Freien Universität Berlin. Gemeinsam mit Claus Vogt ist er Autor der Bücher “Die Inflationsfalle . Retten Sie Ihr Vermögen!” (Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2009) und “Das Greenspan Dossier” (München 2004 ISBN 3-89879-184-X).
Foto: Aequitas Capital Partners GmbH