Erstmals nach sechs Jahren hat Gold wieder die 1400-Dollar-Marke geknackt. Das ist allerdings nur ein schwacher Trost angesichts des 10- Jahresvergleichs mit dem S&P 500.
Über sechs Jahre mussten Goldanleger auf diesen Tag warten. Nach einem starken Spurt im Juni konnte die Feinunze Gold erstmals seit September 2013 wieder die 1400-US-Dollar-Marke durchbrechen. Solche charttechnischen Meilensteine sind für die Goldanleger umso wichtiger, da sie seit Jahren mitansehen müssen, wie ihr Metall immer nur seitwärts handelt.
Freude ist verständlich
Und das, obwohl die großzügige Zentralbankpolitik fast alle anderen Vermögensklassen in die Höhe trieb. Und das, obwohl die Zentralbanken selbst seit 2010 wieder großer Nettokäufer von Gold sind. Und das, obwohl die Unberechenbarkeit der Politik zugenommen hat. Und das, obwohl das selbsternannte alternative Fluchtvehikel, der Bitcoin, allein dieses Jahr um 200 Prozent zulegen konnte.
Da ist die Freude über den stetigen Preisanstieg seit fast einem Jahr verständlich. Er führte auch dazu, dass die inverse Beziehung mit den realen US-Zinsen wieder hergestellt wurde. Denn fielen diese, stieg in der Vergangenheit regelmäßig der Goldpreis. Die Rendite 5-jähriger inflationsindexierter US-Staatsanleihen, an denen wir die Realzinserwartungen ablesen, ging von November 2018 bis heute von 1,15 auf 0,17 Prozent zurück.
Ankündigungen der Fed bekräftigt Goldkurs
Damit haben sich die Opportunitätskosten der Goldbesitzer deutlich verringert. Da Gold keine regelmäßige Rendite abwirft, werden die Zinseinnahmen, die dem Anleger entgehen, weil er nicht in eine andere Anlage (die Zinsen abwirft) investiert hat, als Opportunitätskosten bezeichnet. Für Goldanlegen werden allgemein die (Real-)Zinsen als Opportunitätskosten angesehen.
Mit ihren jüngsten, überraschend akkommodierenden Ankündigungen haben die europäische und die US-Zentralbank dazu beigetragen, dass diese Opportunitätskosten auf absehbare Zeit niedrig bleiben werden. Das „lower for longer“ (zu Deutsch: niedriger für länger) Mantra wird in Investorenkreisen wieder lauter gesungen.
Apropos „lower for longer“. Das passt auch für die Wertentwicklung von Gold in der zurückliegenden Dekade. Es ist genau zehn Jahre her, da notierten Gold und der S&P 500 auf gleichem Stand: Die Feinunze kostete Anfang Juli 2009 927 Dollar und der S&P 500 stand bei 923 Punkten. Dann trennten sich die Wege, wie unser „Chart der Woche“ zeigt.
Langfristig kein Unterschied zwischen Vermögensklassen
US-Aktien legten in diesen zehn Jahren – ohne Einbeziehung von Dividenden – um 220 Prozent zu, auf jetzt rund 3000 Punkte. Gold stieg hingegen nur um 50 Prozent, auf knapp über 1.400 Dollar. Dass dieses geringere Plus mit einer höheren Sicherheit, auf die es Goldbesitzern ja meist ankommt, einherging, kann man nicht behaupten. Zumindest nicht, wenn man Unsicherheit in Volatilität misst.
Langfristig unterscheiden sich beide Vermögensklassen diesbezüglich nicht groß voneinander. Geringere Rendite bei gleichem Risiko, wer kauft denn so was? Vielleicht diejenigen, die jene Risiken ernst nehmen, die die Zentralbanken als Anlass für die Ankündigung ihrer erneuten Zinswende angeführt haben. Grundlos würden die Leitzinsen ja bestimmt nicht gesenkt werden.
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