Gothaer-Vorstand Thomas Bischof: „Wir helfen unseren Kunden, sich nachhaltiger aufzustellen“

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Thomas Bischof, Gothaer

500 Unternehmen helfen, 50 Prozent CO2 in fünf Jahren einzusparen: Doch mit der Initiative 500-50-5 geht es der Gothaer als Mittelstandsversicherer um weit mehr, als die Kunden auf dem Weg in die Klimaneutralität zu begleiten. Cash. sprach mit Thomas Bischof, Vorstandsvorsitzender der Gothaer Allgemeine, über die Initiative, nachhaltige Gewerbeversicherungen und die Rolle eines Versicherers in der nachhaltigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Interview: Jörg Droste, Cash.

Herr Bischof, was bedeutet Nachhaltigkeit für die Gothaer?

Bischof: Auf den Punkt gebracht: Chancen zu sehen und nicht auf Kosten zukünftiger Generationen zu leben. Ganz konkret sehen wir für uns drei Schwerpunkte: Erstens unser Kerngeschäft, also die Kapitalanlage und unsere Produkte und Dienstleistungen. Zweitens die Gothaer als Unternehmen, das heißt unser eigenes Umweltmanagement und wie wir uns als Arbeitgeber verhalten und drittens unsere Rolle in der Gesellschaft. Wenn wir glaubhaft nachhaltig sein wollen, müssen wir alle drei Bereiche angehen. Über unser Kerngeschäft stehen uns zwei große Hebel zur Verfügung: Zum einen können wir über nachhaltige Kriterien in der Kapitalanlage Geldströme lenken damit sie in nachhaltige Investitionen fließen und so die Realwirtschaft auf dem Transformationspfad begleiten. Zum anderen bieten wir über unsere Versicherungsprodukte nicht nur Schutz vor Klimarisiken, sondern helfen unseren Kundinnen und Kunden auch dabei, sich nachhaltiger aufzustellen.

„Uns stehen zwei große Hebel zur Verfügung“

Wie spiegelt sich Nachhaltigkeit in ihren Gewerbeprodukten wider?

Bischof: Ein zentrales Element unserer Nachhaltigkeitsstrategie ist die Einbindung von klimaneutralitätsfördernden Deckungsbausteinen in unsere Produkte. Nachhaltigkeit in der Versicherung ist ein starkes Verkaufsargument, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. Für uns stehen dabei zwei Aspekte im Vordergrund. Zum einen die Etablierung von schadenvorbeugenden Maßnahmen, denn es ist am nachhaltigsten, wenn ein Schaden gar nicht erst entsteht. Kommt es trotz Prävention zu einem Schaden, ist eine nachhaltige Regulierung von enormer Bedeutung. Zum anderen bieten wir in unseren Gewerbeversicherungsprodukten nachhaltige Zusatzelemente, die einen schnellen Mehrwert schaffen. Das sind sowohl nachhaltige Deckungsbausteine, aber auch Leistungen, die über den reinen Versicherungsschutz hinausgehen. Zum Beispiel die Begleitung der Transformation unserer Kunden auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Sie haben im Dezember ihre Mittelstandsinitiative „500-50-5 – Energiewende im Mittelstand“ vorgestellt. Was steckt dahinter?

Bischof: Bis 2030 sollen jährlich 33 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen eingespart werden. Damit stehen die Gesellschaft und auch der deutsche Mittelstand vor einer Mammutaufgabe. Doch diese enorme Anforderung birgt für KMU auch die Chance, über den Klimaschutz die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens zu stärken. Mit unserer Initiative 500-50-5 wollen wir dem deutschen Mittelstand dabei helfen, zügig Klimaneutralität zu erreichen und einen nachhaltigen Beitrag zur Klimawende zu leisten.

„Wir wollen einen echten Beitrag zur Klimawende leisten“

Entspringt die Idee Ihrem Anspruch, führender Partner für den Mittelstand zu sein?

Bischof: Ja, genau. Mit mehr als 373.000 bei uns versicherten Unternehmen kennen wir nicht nur die Risiken, sondern auch die Herausforderungen von KMU sehr gut. Und das ist aktuell neben der Digitalisierung und den daraus resultierenden Gefahren – Stichwort Cyber-Angriffe – sowie dem Fachkräftemangel vor allem der Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit in der Produktion sowie bei der Erbringung von Dienstleistungen rückt bei den Verbrauchern immer stärker in den Fokus, sie wird zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor.

Haben Sie den Eindruck, dass der Mittelstand beim Thema Nachhaltigkeit an die Hand genommen werden muss? Denn eine Studie ihres Hauses aus dem Sommer 2021 zeigt, dass die Bereitschaft zum nachhaltigen Umbau generell zwar vorhanden ist, aber 35 Prozent der Befragten sagten, Nachhaltigkeit sei zu teuer, 33 Prozent fehlt die Zeit für die Recherche, 24 Prozent ist die Umstellung zu aufwendig?

Bischof: Genau da setzen wir an. Wir bieten Unternehmen, die sich an unserer Initiative beteiligen, zum einen eine kostenlose Analyse ihres CO2-Austoßes an. Denn viele Unternehmen haben diese wichtige Kennzahl noch gar nicht vorliegen. Zum anderen erhalten sie Zugang zu unserem Netzwerk an Experten, die ihnen eine Vielzahl von Ideen liefern, wie sie ihren Ausstoß reduzieren können. Mit diesen Experten können sie dann auch die Maßnahmen und Meilensteine auf dem Weg zur Halbierung ihres CO2-Ausstoßes erarbeiten. Gerade den 33 Prozent, denen die Zeit für die Recherche fehlt, bieten wir mit unseren Experten und auch Informationsmaterial die Werkzeuge, um für das eigene Unternehmen aktiv zu werden.

Ihre KMU-Studie zeigt zudem, dass rund 30 Prozent der Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer künftigen nachhaltigeren Ausrichtung die rote Karte zeigen. Werden sich solche Unternehmen in Zukunft noch versichern lassen?

Bischof: Ja, sicher. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass auch die Kleinstunternehmen das Thema Nachhaltigkeit nach und nach für sich entdecken werden. Denn auch sie bekommen irgendwann den Druck von Seiten ihrer Kundinnen und Kunden zu spüren. Ebenso werden auch die steigenden Energiekosten ein Umdenken beschleunigen.

„Schauen auf die Emissionen, für die Unternehmen direkt verantwortlich sind“

Zurück zur Initiative: Nach welchen Kriterien wählen Sie die Unternehmen aus? Muss es sich hierbei um Kunden der Gothaer handeln oder kann sich jedes Unternehmen bewerben?

Bischof: Die Initiative richtet sich in erster Linie an die rund 373.000 Unternehmen, die bei der Gothaer versichert sind. Wir werden in enger Abstimmung mit unseren Vertriebspartnern Kunden ansprechen, die ihre Emissionen aus eigener Kraftanstrengung reduzieren können. Dabei schauen wir vor allem auf die Emissionen, für die ein Unternehmen direkt verantwortlich ist.

Gibt es innerhalb des fünf Jahre laufenden Programms gewisse Meilensteine, die erreicht werden sollen beziehungsweise müssen? Und wie werden diese kontrolliert?

Bischof: Wir bieten unseren Kundinnen und Kunden eine digitale Plattform für die Erfassung ihrer Emissionen an, über die sie ihre Daten einpflegen. Auf Basis einer jährlichen Erfassung der aktuellen Daten können wir den Fortschritt des Unternehmens sehen und es auch aktiv dabei begleiten, die nächsten Schritte zu planen.

Was passiert, wenn Unternehmen die Steps nicht erreichen?

Bischof: Wenn wir in der Laufzeit feststellen, dass ein Unternehmen keinen Fortschritt macht, werden wir das Gespräch suchen, um herauszufinden, welche Gründe es hierfür gibt und ob wir als Gothaer dabei helfen können. Falls das Unternehmen keine weitere Begleitung wünscht, werden wir es aus der Initiative herausnehmen.

Was erhoffen beziehungsweise versprechen Sie sich als Versicherer von der Initiative? Und werden Sie Ihre Vertriebspartner in das Programm einbinden?

Bischof: Unsere Vertriebspartnerinnen und -partner sind ein ganz wichtiger Teil dieser Initiative, denn sie sind tagtäglich mit unseren Unternehmerkunden in Kontakt. Wir hoffen, dass sie als Multiplikatoren und als Bindeglied viele KMU zum Mitmachen animieren. In dieser großen Gemeinschaft aus unseren Firmenkunden, Vertriebspartnern und uns als Unternehmen wollen wir gemeinsam einen echten Beitrag zur Klimawende in Deutschland leisten. Wenn 500 Unternehmen es wirklich schaffen, ihre Emissionen innerhalb von fünf Jahren um 50 Prozent zu senken, dann werden nur durch unsere Initiative Millionen von Tonnen CO2 eingespart.

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