Der Insolvenzverwalter von der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen (München) kündigte an, dass die nicht nachrangigen Gläubiger der Green City AG eine Insolvenzquote in Höhe von mindestens 25 Prozent erwarten können. Abhängig vom weiteren Verfahrensfortgang könnten sich die Quotenaussichten sogar noch verbessern. Bisher haben rund 240 Gläubiger und die gemeinsamen Vertreter der Anleihegläubiger ihre Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet, so eine Mitteilung des Unternehmens.
Bei dem Termin in der Münchner Reithalle berichtete Bierbach den rund 50 Anwesenden demnach über den Stand des Verfahrens und die gefundene Lösung für den insolventen Anbieter von Entwicklung, Bau, Finanzierung und Betrieb von Erneuerbaren-Energien-Anlagen. „Die bisherige Insolvenzverwaltung der Green City AG war eine Mammutaufgabe für alle Beteiligten, da der Konzern mit seinen rund 150 zur Unternehmensgruppe gehörenden Finanzierungs- und Projektgesellschaften extrem komplex finanziert, organisiert und strukturiert ist“, sagte Bierbach. Die Fülle und Mannigfaltigkeit von zu erfassenden Sachverhalten sei außergewöhnlich hoch sowie juristisch und wirtschaftlich schwierig, so dass die Bearbeitung besonders zeitaufwendig gewesen sei. Insbesondere die Entflechtung der komplexen Konzernstrukturen sei eine große Herausforderung gewesen.
Verkauf an französische Qair Group
„Umso erfreulicher ist es, dass es uns nur vier Monate nach dem Insolvenzantrag gelungen ist, den Großteil der Projektgesellschaften und solventen Tochtergesellschaften der Green City AG mitsamt der Mehrheit ihrer Mitarbeiter an die französische Qair Group zu verkaufen“, betonte Bierbach. „Ich bin sehr froh, mit Qair einen Käufer gefunden zu haben, der das Kerngeschäft des Unternehmens sowie fast alle Arbeitsplätze und den Green City-Standort München erhält“, sagte der Insolvenzverwalter. Die Qair Group, ein unabhängiger Erzeuger Erneuerbarer Energien aus Frankreich, hatte die insolvente Green City AG zum 1. Juni 2022 übernommen, nachdem sie sich in einem mehrstufigen strukturierten Investorenprozess gegen eine hohe Zahl von in- und ausländischen Kaufinteressenten durchgesetzt hatte.
„Der Verkauf an die Qair Group hat sehr gut funktioniert und wir konnten einen signifikanten Kaufpreis erzielen. Die Gläubiger werden von diesem Erfolg mit einer überdurchschnittlich hohen Ausschüttung profitieren“, sagte Bierbach. Die von ihm angekündigte Insolvenzquote von mindestens 25 Prozent wird möglicherweise noch höher ausfallen. Genauere Angaben seien jedoch derzeit noch nicht möglich, da noch einige wichtige Themen im Insolvenzverfahren offen seien. Dazu zählten unter anderem die Weiterveräußerung einer Beteiligung in Italien, die Verwertung der restlichen nicht veräußerten Unternehmens-Beteiligungen sowie diverse insolvenzbedingte Ansprüche. Die Insolvenzquote zur Befriedigung der Gläubiger der Green City AG ist deutlich höher als in den meisten Regelinsolvenzverfahren; meistens liegt sie im einstelligen Prozentbereich, so die Mitteilung.
Circa 150 Projektgesellschaften
Die Übernahme durch Qair sei nicht nur für die Gläubiger und die Mitarbeiter des Unternehmens die beste Lösung, sondern auch angesichts der gewaltigen Herausforderungen beim Ausbau Erneuerbarer Energien in Deutschland eine gute Nachricht, sagte Insolvenzverwalter Bierbach. Indem die französische Gruppe eine Vielzahl der circa 150 zur Unternehmensgruppe gehörenden Projektgesellschaften zur Entwicklung und Projektierung von Wind- und Solarkraftanlagen sowie die beiden eigenständigen Gesellschaften in Italien und Frankreich mitsamt ihrer Mitarbeiter und deren großem Know-How übernommen habe, könne das zukunftsträchtige Projektentwicklungsgeschäft der Green City AG erhalten und weiter ausgebaut werden. Qair verfügt den Angaben zufolge über eine Erzeugungskapazität von 650 Megawatt und hat angekündigt, diese bis Ende 2022 auf 1.000 Megawatt aufzustocken.
Die Aktionäre der Green City AG können nach Angaben des Insolvenzverwalters nicht mit einem Liquidationserlös rechnen. Auch die nachrangigen Gläubiger der Nachrangdarlehen und des Vereins Green City e.V. als nachrangiger Gesellschafter-Gläubiger können nicht mit einer Befriedigung ihrer Forderungen rechnen. Auf die Situation und die Folgen für die Anleger der – rechtlich grundsätzlich eigenständigen – Fonds von Green City geht die Mitteilung nicht ein.
Die Gläubigerversammlung bestätigte den am 2. Februar 2022 vorläufig eingesetzten fünfköpfigen Gläubigerausschuss. Die bisherigen Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses hätten hohe Sachkompetenz bewiesen und sich intensiv in die Konzernstruktur und alle wichtigen Vertragsbeziehungen eingearbeitet, sagte Bierbach. Da auch im eröffneten Verfahren Entscheidungen von erheblicher Bedeutung zu treffen seien, sei auch mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Bestellung eines Gläubigerausschusses erforderlich. Die Aufgabe des Gläubigerausschusses ist es, den Insolvenzverwalter im Verfahrensverlauf zu unterstützen und zu kontrollieren; dabei sind die Mitglieder zu absoluter Vertraulichkeit verpflichtet.