Aristoteles schrieb vor über 2.000 Jahren, die „Struktur der besten Tragödien sollte komplex sein und Wendepunkte aufweisen, die Furcht und Mitleid auslösen“. Der große griechische Philosoph dürfte damals kaum geahnt haben, wie sehr er die Probleme seines Landes derzeit beschrieben hat.
Gastkommentar von Ryan Hughes, SIG
Griechenland und die Finanzmärkte verarbeiten noch die Wahlergebnisse des letzten Wochenendes, da zeigen sich bereits Furcht und Mitleid gleichermaßen. Geängstigt zeigt sich die griechische Bevölkerung durch die 21 Mandate, welche die rechtextreme Partei „Goldene Morgendämmerung“ errungen hat, aber auch von den 26 Sitzen für die kommunistische KKE.
Extremisten sind damit erstmals politisch stark geworden. Doch Mitleid hat gleichfalls eingesetzt. So wird weltweit bedauert, wie sehr das Volk unter den schmerzhaften Einschnitten der Sparprogramme leidet, während die Tragödie von Akt zu Akt weitergeht.
Griechenland-Krise: Was nun?
Die Finanzlage des Landes bleibt in einem furchtbaren Zustand. Die Möglichkeit, dass Griechenland bis zum Sommer das Geld ausgeht ist real. Die Aktienbörse in Athen befindet sich auf ungebremster Talfahrt, nach den Wahlen ging es noch einmal um zehn Prozent abwärts. Da es, die für die Spar- und Rettungspakete stimmenden, Großparteien nicht geschafft haben, eine Regierung zu bilden, versuchen sich nun ihre kleineren Gegner an dem Vorhaben. Dies erhöht die Chance, dass Griechenland den Euro verlassen wird, was voreilig wäre, denn viele Griechen erwarten, dass es außerhalb des Euro nur noch schlimmer wird.
Wenn keine Regierung zustande kommt, dann wird es im Sommer Neuwahlen geben, die mehr denn je ein Referendum über den Verbleib in der Eurozone darstellen dürften. Je greifbarer dieses Szenario wird, desto mehr dürften die von den extremen Parteien gesäten Befürchtungen, die Griechen wieder in die Arme der großen Parteien treiben.
Es ist also fast schon ironisch, dass ausgerechnet die Großparteien und ihr Ängste verbreitender Sparkurs den Griechen klar werden lassen könnte, dass die Rückkehr zur Drachme, mehr als sie glauben, ein Schritt zurück ins alte Griechenland ist.
Autor ist Ryan Hughes, Senior Fund Manager, Skandia Investment Group